Runder Tisch Migration im Landkreis Leipzig

von Sandra Münch, Runder Tisch Migrationim Landkreis Leipzig


Der Runde Tisch Migration im Landkreis Leipzig (RTM) ist ein im Jahr 2012 von zivilgesellschaftlichen Akteur:innen ins Leben gerufenes Netzwerk, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, sich für eine Verbesserung der Lebenssituation geflüchteter Menschen im Landkreis einzusetzen, ihre Belange in der Öffentlichkeit sichtbarer zu machen sowie ihre Interessen auf politischer Ebene zu vertreten. Der Runde Tisch Migration versteht sich als ein unabhängiges Gremium bzw. als ein Zusammenschluss verschiedener Initiativen, freier Träger, Vereine, Wohlfahrtsverbände, Kreistagsabgeordneter und Privatpersonen, die sich im Haupt- und Ehrenamt mit den verschiedenen Bereichen von Zuwanderung und Integration im Landkreis befassen. Der RTM sucht das Gespräch mit politischen Vertreter:innen sowie den Austausch mit der Landkreisverwaltung. Zudem ist dieser auch mit einem Mitglied im Integrationsbeirat des Landkreises vertreten, für dessen Gründung sich das Netzwerk vorher eingesetzt hatte.

Seit seinem Bestehen macht sich der Runde Tisch Migration auf politischer Ebene für zahlreiche asyl- und migrationspolitische Themen stark. Eine langjährige Forderung war beispielsweise die Abschaffung des Sachleistungsprinzip und die Leistungsauszahlung in Form von Bargeld. Gemeinsam mit Geflüchteten fanden verschiedene (Protest-)Aktionen statt (z.B. Unterschriftensammlung für den Kreistag, Kundgebungen, Proteste gegen die Annahme der Wertegutscheine). Weiterhin fordert der Runde Tisch Migration bis heute beispielsweise die dezentrale Unterbringung geflüchteter Menschen, eine unabhängige und flächendeckende Flüchtlingssozialarbeit sowie Migrationsberatung oder einen Migrant:innenbeirat mit Antragsrecht im Kreistag.

Die Arbeitsweise des Runden Tischs hat sich in den Jahren weiterentwickelt und je nach Umstand strukturiert und organisiert. So finden die Netzwerktreffen nicht mehr monatlich, sondern nur noch aller zwei Monate statt, da sich zeigte, dass die Zusammenkommen in großer Runde zwar gut für einen Informationsaustausch geeignet sind, jedoch nicht, um konstruktiv und strukturiert an einem Schwerpunktthema zu arbeiten, eigene Themen zu setzen oder auf tagesaktuelle Ereignisse zu reagieren. Aus diesem Grund arbeiten mittlerweile die einzelnen Akteur:innen in verschiedenen Arbeitsgruppen (z.B. AG Unterbringung, AG Kreistag & Integrationsbeirat), die sich in regelmäßigeren Abständen treffen und der großen Runde dann von ihren Arbeitsprozessen berichten.

Als Herausforderung stellt(e) sich über all die Jahre auch die Koordinierung des Netzwerkes dar, da es erfahrungsgemäß für ein gut funktionierendes Netzwerk klare Verantwortlichkeiten braucht, es diese aber nicht so klar gab und zudem mehr oder weniger ehrenamtlich getragen wurden. Vor diesem Hintergrund darf sich der Runde Tisch nun für das Jahr 2022 über eine 20h-Stelle freuen, die Dank der #HikeFor-Kampagne finanziert werden kann und vor allem Koordinierung- und Öffentlichkeitsarbeit übernehmen wird.

Die Kommunikation mit der Landkreisverwaltung hat in den Jahren des Bestehens Höhen und Tiefen durchlebt. Es gab Zeiten, in denen Vertreter:innen der Verwaltung mit ernsthaften Interesse an einem Austausch an den Treffen teilnahmen und sehr produktiv zusammen gearbeitet wurde. Zeitweise traten auch die Kommunalen Integrationskoordinator:innen (KIK) als Vertretung der Verwaltung auf. Jedoch entstand mit der Zeit der Eindruck, dass diese eher nur mit dem Ziel zu den Treffen delegiert wurden, um als Verwaltung über die Aktivitäten und Gesprächsthemen des RTM informiert zu bleiben, nicht aber, um sich aktiv und zielorientiert einzubringen. Aus diesem Grund besann sich der RTM auf seine zivilgesellschaftliche Wurzeln zurück, weshalb seitdem die Treffen ohne die KIKs stattfinden. Offiziell wird der Runde Tisch von der Kommune für sein Engagement gelobt und stets das Interesse und der Wunsch einer Zusammenarbeit kommuniziert. Faktisch widerspricht dies jedoch der tatsächlichen Wahrnehmung, da keine wirkliche Einbindung in Entscheidungsfindung praktiziert wird und womöglich gar nicht gewollt ist. Es entsteht der Eindruck, dass der RTM eher als störend betrachtet wird, anstatt als ein Netzwerk, dessen Expertise gewinnbringend für die Kommune sein könnte.

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Sandra Münch

Dieser Artikel gehört zum Arbeitstisch 2 des Fachtages “Vom Ankommen und Bleiben – Soziale Arbeit mit geflüchteten Menschen zwischen Innovation und Verstetigung” (2021):

Vernetzung und Kooperation jenseits der Regelstrukturen

Diesen Artikel finden Sie in der Dokumentation des Fachtages:

“Vom Ankommen und Bleiben – Soziale Arbeit mit geflüchteten Menschen zwischen Innovation und Verstetigung” (2021)

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Online-Fachtag “Vom Ankommen und Bleiben – Soziale Arbeit mit geflüchteten Menschen zwischen Innovation und Verstetigung”
Sandra Münch, Runder Tisch Migrationim Landkreis Leipzig

Screenshots: LaFaSt


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