Konturen eines (nicht ganz) neuen Handlungsfeldes – Empirische Annäherung an die Soziale Arbeit mit geflüchteten Menschen in Sachsen 2023

Vorstellung zentraler Ergebnisse der landesweiten Befragung zur Flüchtlingssozialarbeit in Sachsen 2023


Soziale Arbeit mit geflüchteten Menschen ist in Sachsen kein gänzlich neues Handlungsfeld. Sie hat aber durch die kulminierende Fluchtdynamik seit 2015/2016 eine enorme Expansion erfahren und sich auch hier von einer marginalen, weitgehend unbemerkten Nischenexistenz zu einem sichtbaren und unverzichtbaren Arbeitsbereich in einer Einwanderungsgesellschaft entwickelt.

Im Freistaat Sachsen wurden die entsprechenden Aufgaben bis 2014 auf Landesebene noch als ehrenamtliche Struktur konzipiert. Die Ankunft einer bis dato nicht gekannten Anzahl geflüchteter Menschen führte dann zwar schnell dazu, dass diesem Handlungsfeld nun auch eine professionelle Struktur zugestanden wurde und es durch entsprechende Förderrichtlinien[1] eine beträchtliche Expansion erfahren konnte.

Vor Ort aber mussten öffentliche Träger sich in kurzer Zeit auf die neue Zielgruppe einstellen – fast alle zuständigen Abteilungen in den Landkreis- und Stadtverwaltungen wurden ausdifferenziert oder umstrukturiert – und freie (teilweise auch private) Träger für die Arbeit mit geflüchteten Menschen gewinnen. Darunter waren viele Akteure, die bisher nicht in der migrationsbezogenen Sozialarbeit tätig waren und ohne Vorbereitung, ohne ausreichende Ressourcen und ohne die nötigen Kompetenzen die Bühne betraten. Vielerorts waren zunächst keine konzeptuellen Grundlagen für die neue Herausforderung verfügbar und es war keine Zeit, planmäßig trägerinterne Strukturen einer Flüchtlingssozialarbeit aufzubauen. Die Situation war vielfach notgedrungen von Improvisation und Aktionismus geprägt[2].

Das insofern „neue“ Handlungsfeld entstand also zunächst unter enormem Zeitdruck, vielerorts unter chaotischen Vorzeichen. Eine große Zahl neuer Mitarbeiter*innen musste hier wie da rekrutiert und eingearbeitet werden, überall musste erst einmal das Nötigste erledigt werden und das war natürlich zuallererst die halbwegs würdige Unterbringung von Menschen in Not, die hier wie anderswo Zuflucht suchen.

Durch die Richtlinien „Soziale Betreuung Flüchtlinge“ und „Integrative Maßnahmen“ der sächsischen Landesregierung (s. Fußnote 1) wurden die Voraussetzungen für den notwendigen Aus- und Umbau der freien Träger schnell bereitgestellt, aber eben nur auf dem Weg einer – jährlich neu zu beantragenden – Projektfinanzierung.

Insgesamt ist es in dieser Krisenphase überwiegend gelungen, die zunächst sich abzeichnende anarchische Situation in einigermaßen geordnete Bahnen zu lenken, zunächst die Erstversorgung sicherzustellen und zugleich auch darüberhinausgehende Angebote zu schaffen. Und das geschah in erstaunlich und bemerkenswert kurzer Zeit.

Seither sind eine Verstetigung des Handlungsfeldes und Tendenzen einer Professionalisierung mit Licht- und Schattenseiten zu beobachten – aktuell (im Sommer 2023) überwiegen insofern die Schattenseiten, da die politischen Auseinandersetzungen um das – für 2022 avisierte, aber leider im Herbst 2023 immer noch nicht verabschiedete – geplante Sächsische Integrations- und Teilhabegesetz wie um die Novellierung der „Richtlinie Integrative Maßnahmen“ vor dem Hintergrund des radikal gewandelten gesellschaftspolitischen Klimas große Unsicherheiten erzeugt haben und die Zukunft der Flüchtlingssozialarbeit in Sachsen im Ungewissen lassen.

Die Arbeit mit geflüchteten Menschen geschieht vor Ort, in den Gemeinden und Städten, und gestaltet sich – wie wir inzwischen wissen – alles andere als einheitlich. Als übergreifendes Handlungsfeld mit einem eigenen professionellen Selbstverständnis – und Selbstbewusstsein – musste und muss sich dieses Feld weiterhin erst allmählich konsolidieren und weiterentwickeln.

Seit der Expansion 2015/2016 gab es über den beschränkten Fokus der einzelnen Kommunen hinaus kaum Antworten auf Fragen wie die folgenden:

  • Wer arbeitet in diesem Feld, mit welchen Qualifikationen?
  • Welche Aufgaben stehen an?
  • Welche Rolle spielen Standards im Handlungsfeld, nach welchen Standards wird gearbeitet?
  • Wie gestalten sich die Arbeitsbedingungen (die im Bereich der Sozialen Arbeit schon in den älteren und seit langem etablierten Handlungsfeldern – wie etwa in den unterschiedlichen Bereichen der Jugendhilfe – überwiegend alles andere als befriedigend wahrgenommen werden)?
  • Wie kommt die FSA mit den (fachlichen, politischen und gesellschaftlichen) Rahmenbedingungen zurecht?
  • In welcher Weise erfahren die Beschäftigen Akzeptanz und Wertschätzung für Ihre Arbeit in einer Gesellschaft, in der Ablehnung und Rassismus eine weit verbreitete Haltung gegenüber ihrer Klientel darstellen und die ohnehin schwierige Integrationsaufgabe erschweren?

Durch mittlerweile drei standardisierte, aber explorativ angelegte landesweite Befragungen (2017, 2020 und 2023) hat das seit 2016 an der Evangelischen Hochschule Dresden angesiedelte Projekt der „Wissenschaftlichen Begleitung der Flüchtlingssozialarbeit in Sachsen“ – seit 2021 weiterentwickelt zum Projekt der „Etablierung einer Landesfachstelle FSA/MSA in Sachsen“ – versucht, dieses im gegenwärtigen Umfang „neue“ Handlungsfeld empirisch zu vermessen und zu beschreiben. Unsere Daten sollen es ermöglichen, wesentliche Konturen des immer noch wenig bekannten und definierten Handlungsfeldes nachzuzeichnen. Dies geschieht hier auszugsweise und mit deskriptivem Anspruch.

Das Ziel der ersten, im Juni 2017 vor dem Hintergrund des damals noch recht undeutlich konturierten Arbeitsbereiches der Flüchtlingssozialarbeit in Sachsen durchgeführten landesweiten standardisierten Befragung war es, erste belastbare Daten zur Praxis und zur Situation der Flüchtlingssozialarbeit im Bundesland Sachsen zu generieren. Damit konnte eine erste Momentaufnahme zu den Arbeits- und Rahmenbedingungen sowie Aufgaben und Erfahrungen in einem weitgehend unerforschten Handlungsfeld gezeichnet werden, das sich als wahrnehmbares Feld seit 2015 gerade erst neu konstituiert hatte, und das eine große Vielfalt und eine anfänglich recht chaotischen Struktur aufwies.

Drei Jahre später – im Herbst 2020 – und schließlich im Frühjahr 2023 konnten wir diese Befragung weitgehend identisch wiederholen. Wir haben es also im Gesamtdesign mit einer Wiederholungsbefragung (Trendstudie) zu tun (vgl. Scherer/Naab 2013). Es handelt sich um „wiederholte Querschnitte“ (vgl. Schnell 2019: 58), nicht um eine Panelstudie, die es erlauben würde, Veränderungen an einzelnen Individuen zu identifizieren. Feststellbar sind lediglich „Veränderungen zwischen den Gesamtheiten der Befragten, also Veränderungen der Aggregatstatistiken“ (ebd.: 59) Insofern kann  dabei nicht eindeutig geklärt werden, ob Veränderungen in den Ergebnissen zwischen den drei Befragungen wirklich Veränderungen in den objektiven Gege­benheiten bedeuten oder „ob die vermeintliche Veränderung auf unterschiedliche Erhebungsdetails zurückzuführen ist“ (ebd.: 60) bzw. eben auf eine zwischenzeitlich veränderte Zusammensetzung der Grundgesamtheit, die sich zwischen 2017 und 2020 und dann noch einmal bis 2023 tatsächlich stark verändert hat.

Alle drei Befragungen wurden online durchgeführt. Mit einem Rücklauf von 154 verwertbaren Fragebögen[3] haben wir 2023 fast exakt gleich viele Personen erreicht wie 2020 (155) und in den beiden Wiederholungsbefragungen jeweils etwas mehr als 2017, wo 130 Befragte geantwortet hatten.

Wir bedanken uns noch einmal ganz herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen in Sachsen, die – trotz immer enger werdender Zeitbudgets – durch ihre Teilnahme dazu beigetragen haben, dass wir hier einige Daten über den Stand und die Entwicklung der Rahmenbedingungen der Flüchtlingssozialarbeit in Sachsen vorlegen können!

Die empirische Annäherung an das Handlungsfeld ist mit erheblichen Hürden konfrontiert. Diese liegen begründet in

  • der diffusen Grundgesamtheit aufgrund des einerseits noch im Entstehen begriffenen, andererseits schon permanenten Veränderungen – auch partiellen Schrumpfungsprozessen – unterworfenen Handlungsfeldes,
  • der damit nicht immer realisierbaren Erreichbarkeit der Zielgruppe,
  • dem dadurch bedingten „Coverage-Fehler“ (vgl. Groves et al. 2009: 87f), wodurch die Auswahlgesamtheit geringfügig von der Grundgesamtheit abweichen dürfte
  • und dem hohen Nonresponse-Anteil.

Wir haben es mit einer diffusen Grundgesamtheit zu tun, schon weil deren Mitglieder sich in unterschiedlichen Funktionen und mit weit divergierenden Tätigkeitsprofilen auf zahlreiche Träger und unterschiedliche Beschäftigungssektoren verteilen (öffentlich, frei-gemeinnützig und auch privatwirtschaftlich). Sowohl nach ausgeführten Aufgaben als auch – erst recht – nach Qualifikationen der Beschäftigten ergeben sich nicht immer eindeutige Abgrenzungen: Wer bei dem einen Träger der FSA zugerechnet wird, wird das beim anderen Träger evtl. nicht. Hinzukommen – einige wenige – „Sonderfälle“, bspw. Personen mit Doppelfunktion (FSA und Leitungsposition), von Personen mit Funktionen, die im strengen Sinne nicht zu unserer Grundgesamtheit der Akteure gehören, die in Sachsen die Soziale Arbeit bzw. „Soziale Betreuung“ der geflüchteten Menschen erledigen – wie z.B. die bundesfinanzierten MBE oder Arbeitsbereiche an Schnittstellen zur FSA.

Somit wurden bei allen drei bisherigen Erhebungen auch – wie sich an den Angaben zur Funktion rekonstruieren lässt – in einigen wenigen Fällen Personen erreicht, die im strengen Sinne unter Umständen nicht unserer Grundgesamtheit angehören zu scheinen. Wir haben uns letztlich dafür entschieden, alle verwertbaren Fragebögen mit nicht eindeutiger Zugehörigkeit zur Grundgesamtheit in der Stichprobe zu belassen, da die Diffusität des Feldes eine Anwendung eindeutiger Ausschlussregeln ohnehin nicht erlaubt hätte.

Grundsätzlich zielten wir dabei in allen Befragungen auf eine Vollerhebung, allerdings mit einer wesentlichen Einschränkung: Die Grundgesamtheit unserer Befragungen ist jeweils definiert als alle Mitarbeitenden der freien, öffentlichen und privaten Träger im Handlungsfeld der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen in Sachsen zum Erhebungszeitpunkt. Somit ist diese Grundgesamtheit zwar auf den ersten Blick klar definierbar, allerdings ist die Frage der Zugehörigkeit zum o.g. Handlungsfeld unterschiedlichen Interpretationen ausgesetzt. De facto waren uns nicht alle entsprechenden Kolleg*innen zum Erhebungszeitpunkt bekannt.

Die Mitglieder der Grundgesamtheit waren zwar überwiegend direkt kontaktierbar, hier konnten wir – insbesondere 2020 und 2023 – auf eine im Zuge der Projektarbeit erstellte Liste mit entsprechenden Kontaktadressen zurückgreifen. Wo die Mitglieder unserer Zielgruppe nicht direkt erreichbar waren, mussten wir uns damit behelfen, die Träger der FSA in Sachsen (die uns wiederum alle bekannt sind) anzuschreiben, mit der Bitte, den Befragungslink an alle Mitarbeitenden in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen weiterzuleiten[4]. Das Vorgehen entspricht hier dem Weg bei einem Cluster Sampling, wenn auch mit dem Ziel einer Vollerhebung.

In Folge der Heterogenität und Volatilität des Feldes, dass (immer noch) keine „geordneten“ Wege des empirischen Zugangs zur Grundgesamtheit bietet, haben wir es bei der Befragung der Fachkräfte aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem doppelten „Coverage-Fehler“ (Groves et al. 2009: 87). zu tun. Diese Fehler entstehen dadurch, dass die Auswahlgesamtheit – als tatsächlich für die Befragung kontaktierbare Auswahlmenge – trotz der grundsätzlich angestrebten Vollerhebung von der Grundgesamtheit abweicht. Ein Undercoverage-Fehler (vgl. dazu: Remer 2020: 133ff) liegt dann vor, wenn bestimmte Mitglieder der Grundgesamtheit strukturell nicht identifiziert werden können; das ist hier insofern der Fall, als uns einige Fachkräfte im Handlungsfeld nicht bekannt sind, wenn diese nicht durch den jeweiligen Träger oder andere Kanäle erreichbar sind; insbesondere trifft dies auf aktuelle Neueinstellungen zu, von denen das Forschungsteam nicht oder verspätet erfährt. Der Overcoverage-Fehler (vgl. ebd.) bezeichnet hingegen den Fall, dass Personen, die nicht zur Grundgesamtheit gehören, in die Auswahlgesamtheit geraten, also an der Befragung teilnehmen, obwohl sie bspw. ihre Tätigkeit beendet haben oder aufgrund ihres Anstellungsverhältnisses oder Aufgabenbereiches nicht zu den Fachkräften der FSA gehören, die eigentlich befragt werden sollen.

Der tatsächlichen Realisierung einer Vollerhebung steht hier auch ein massives Nonresponse-Problem entgegen: Nonresponse bezeichnet den Sachverhalt der Stichprobenausfälle, was bedeutet, dass bei standardisierten Befra­gungen ein Teil der Befragten nicht antwor­tet bzw. nicht erreichbar ist (Unit-Nonresponse). Im weiteren Sinne wird damit auch die Tatsache bezeichnet, dass einzelne Fragen nicht beantwortet werden (Item-Nonresponse; vgl.  Schnell 2019: 145ff). Eine Verzerrung der Ergebnisse durch mangelnde Repräsentanz kann in beiden Fällen nicht ausgeschlossen werden.

Obwohl wir die Grundgesamtheit über die Träger potenziell zu jeweils annähernd 100% erreicht haben dürften, hat nur knapp die Hälfte der potenziell Befragten geantwortet. Nach unseren Berechnungen anhand der vorliegenden Daten aus den Landkreisen und kreisfreien Städten dürften wir zum Zeitpunkt der Befragung 2023 mit 154 verwertbaren Antworten einen Rücklauf von etwa 50% der Grundgesamtheit erreicht haben – eine für vergleichbare Settings eigentlich sehr gute Quote.

Dennoch lassen sich aus den genannten Gründen aus unseren Daten nur sehr begrenzte Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit ziehen, eine statistische Verallgemeinerbarkeit unserer Ergebnisse ist also nicht gegeben. Unserer Befragung kommt ein lediglich explorativer Charakter zu. Wir können aber davon ausgehen, dass unsere Daten tendenziell durchaus die Verhältnisse in der Flüchtlingssozialarbeit widerspiegeln. Die letztlich mit der Befragung erreichten 154 Personen bilden in Bezug auf deren soziodemografische Merkmale das Spektrum der in diesem Arbeitsfeld Beschäftigten nach allen uns vorliegenden Erkenntnissen durchaus gut ab. Auch die hohe Übereinstimmung der Querschnitte von 2017, 2020 und 2023 bei einigen Variablen bzw. die schlüssige Interpretierbarkeit von Veränderungen zwischen den beiden Samples vor dem Hintergrund unserer mittlerweile doch gründlichen Kenntnis des Feldes deuten darauf hin, dass wir hier nicht vorwiegend Forschungsartefakte, sondern durchaus relevante Trends abbilden können.

Hier sei schließlich noch der Hinweis vorangestellt, dass wir – um einen plastischeren Eindruck von der Realität hinter den abstrakten statistischen Daten zu vermitteln – vielfach ausführlich Originaltöne aus den Antworten auf unsere zahlreichen offenen Fragen zitieren. Die Zitate sind jeweils wörtlich aus den Fragebögen entnommen, allerdings ggf. in Bezug auf Rechtschreibfehler – die beim eiligen Ausfüllen eines Onlinefragebogens unter Zeitdruck in nicht geringem Ausmaß entstehen – korrigiert.

Schließlich noch eine Vorbemerkung zur verwendeten Begrifflichkeit: Wir sprechen in diesem Bericht bei der Benennung des Handlungsfeldes überwiegend von „Flüchtlingssozialarbeit“. Damit folgen wir einem üblichen, der Mehrheit der Beschäftigten auch gerecht werdenden, aber natürlich streng genommen nicht immer korrekten Sprachgebrauch: Wir haben potenziell alle Personen befragt, die derzeit hauptberuflich in Sachsen und im Auftrag des Freistaates Sachsen bzw. durch ihn finanziert mit geflüchteten Menschen arbeiten, ob mit einem beruflichen Abschluss in der Sozialen Arbeit bzw. Sozialpädagogik oder auch mit einem anderen Abschluss. Letztere können natürlich nicht als „Sozialarbeiter*innen“ tätig sein, sondern sind – als Quereinsteiger – als „Soziale Betreuer*innen“, „Flüchtlingsbegleiter*innen“, „Alltagsbegleiter*innen“ (bzw. mit zahlreichen weiteren Bezeichnungen) tätig.

Hinzu kommt der Sonderfall der Landeshauptstadt Dresden, die 2019 im Zuge einer Neudefinition der Flüchtlingssozialarbeit den Begriff der „Migrationssozialarbeit“ eingeführt hat. In einer Mitteilung der Stadt Dresden heißt es dazu: „Das bisherige System der Flüchtlingssozialarbeit wird weiterqualifiziert hin zu einem personen- und bedarfsgerechten System der Migrationssozialarbeit, das mit Fachleistungsstunden dem individuellen Bedarf begegnet und in einem Integrationsplan klare Ziele formuliert.“[5]

Insofern ist in der Rede von der Flüchtlingssozialarbeit ggf. auch die Migrationssozialarbeit mit inbegriffen, ohne im weiteren jedes Mal auf diese Differenzierung zu verweisen.

Der folgende Überblick beschreibt nun ausgewählte Ergebnisse, die sich vorrangig auf die Wiederholungsbefragung von 2023 beziehen; wo es sich anbietet, wird vergleichend auf die Ergebnisse der beiden vorangehenden Befragungen von 2017 und 2020 rekurriert.

Dabei zeigen sich anhand der zu den unterschiedlichen Zeitpunkten verwendeten Variablen einige (meist eher moderate) Veränderungstendenzen, im Großen und Ganzen jedoch durchaus auch eine gewisse Kontinuität in vielen Bereichen. Beides, Veränderung wie auch Kontinuität, kann je nach Fragestellung als „gutes“ wie auch als „schlechtes“ Ergebnis gewertet werden.

Doch was können wir nun aus den Daten über das Handlungsfeld aussagen? Im Folgenden werden einige ausgewählte Daten aus der deskriptiven Analyse präsentiert und knapp erörtert.


Am Beginn des Fragebogens stand die Bitte, „eine kurze Antwort auf die folgende Frage zu formulieren: Was ist derzeit das wichtigste Thema bzw. Problem in Ihrer Arbeit mit geflüchteten Menschen?“ Damit wurde den Befragten die Gelegenheit gegeben, in aller Kürze und ohne schon durch die Inhalte der folgenden Fragen beeinflusst zu sein, die Dinge zu benennen, die zum Zeitpunkt der Befragung am meisten „auf den Nägeln brennen“. Diese Gelegenheit wurde rege genutzt. Praktisch alle Befragten haben Anmerkungen hinterlassen. Insgesamt haben wir 336 Stichwörter bzw. Aussagen identifiziert.

Wir haben diese Anmerkungen zunächst thematischen Bereichen zugeordnet, um einen Eindruck davon zu bekommen, welche Themen gerade oben anstehen.

Im Folgenden seien nur einige ausführlichere Anmerkungen exemplarisch zitiert, um einen ersten Eindruck von der Stimmungslage zu vermitteln, dabei sei das Zitat einer befragten Person vorangestellt, das für die gegenwärtige FSA/MSA programmatisch ist: „Es ist nicht möglich, nur auf “ein Problem” zu fokussieren, denn es sind viele.“


Zunächst ein paar grundlegende Daten zur Zusammensetzung unserer Stichprobe 2023.

Vorab seien kurz ein paar Variablen zur Zusammensetzung unserer Stichprobe vorgestellt.

Die Beschäftigten im Handlungsfeld der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen sind weiterhin – erwartungsgemäß – vorwiegend weiblich: 2023 standen 72% weiblichen Fachkräften 28% männliche gegenüber (Abb. 2). Somit zeichnet sich unser Sample durch einen leichten Anstieg der männlichen Befragten gegenüber 2017 aus, bei weitgehender Stabilität der Geschlechterzusammensetzung seit 2020[6]. Damit bildet sich die weibliche Dominanz in sozialen Berufen erwartungsgemäß auch weiterhin in unserer Befragung ab; um aus den Veränderungen zu 2017 eine generelle Tendenz zu mehr männlichen Mitarbeitern in der FSA abzuleiten, dazu sind die Unterschiede zu gering.

Verglichen mit verfügbaren Daten zur deutschlandweiten Geschlechterverteilung in Berufsfeldern entsprachen die Geschlechteranteile 2017 ziemlich exakt den Verhältnissen im einschlägigen Berufsfeld „Gesundheits- und Sozialwesen“, 2023 liegt der Männeranteil in der sächsischen FSA (wie auch schon 2020) etwas höher. Zwar existieren keine belastbaren Daten zum Frauenanteil in der Sozialen Arbeit im engeren Sinne, der Anteil der Frauen im „Gesundheits- und Sozialwesen“ lag 2022 wie auch 2020 jeweils bei 77 % der dort sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (Bundesagentur für Arbeit 2021: 13 und Bundesagentur für Arbeit 2023: 14). Nach der Kategorisierung des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung lag der Frauenanteil im Jahr 2017 (neuere Daten fehlen) in der Berufsgruppe „Soziale Berufe“ (BF 45) sogar bei 83,6 % (IAB: Berufe im Spiegel der Statistik; vgl. auch Feldhoff 2018).

Das Durchschnittsalter der in der Flüchtlingssozialarbeit beschäftigten Befragten 2023 beträgt nun 41 Jahre, während der Mittelwert 2017 und 2020 noch bei 38 Jahren lag. Es kann also derzeit eine deutliche „Alterung“ der Fachkräfte beobachtet werden. Etwa ein Drittel der Befragten ist bis 1980 geboren – also zum Erhebungszeitpunkt 2023 bereits 43 Jahre oder älter, ein weiteres Drittel ist zwischen 1981 und 1988 geboren. Das restliche Drittel hat bereits zum bzw. nach dem Ende der DDR das Licht der Welt erblickt. Das jüngste 2023 angegebene Geburtsjahr ist 1999.

Zu Altersklassen zusammengefasst machen die 50jährigen und Älteren nun 22% der Stichprobe aus, nur 12% sind noch unter 30 Jahre.

Die Abb. 5, aus der die Antworten auf die Frage nach der bisherigen Dauer der Beschäftigung im Bereich der FSA zu ersehen sind, illustriert schließlich noch einmal das abrupte Wachstum des Handlungsfeldes der Flüchtlingssozialarbeit in den Jahren 2015 und 2016 und eine erneute Welle der Neueinstellungen im Jahr 2022, nachdem zwischen 2017 und 2021 relativ wenige Neueinstellungen zu verzeichnen waren. Ein Teil der Neueinstellungen ist aber auch der natürlichen Fluktuation (nach Kündigungen) der Mitarbeitenden geschuldet.

Im rechnerischen Durchschnitt sind unsere Befragten von 2023 seit Sommer 2017, also seit sechs Jahren in der FSA tätig. Das heißt, ziemlich genau die Hälfte unserer Befragten ist bereits seit 2017 oder länger im Handlungsfeld der Arbeit mit geflüchteten Menschen aktiv.

Von den Befragten sind

  • 18 Personen bereits seit 2014 oder früher im Handlungsfeld aktiv,
  • 50 Beschäftigte sind allein in den Jahren 2015 und 2016 dazugekommen,
  • 43 Personen sind in den fünf Jahren zwischen 2017 und 2021 hinzugekommen,
  • 38 Beschäftigte schließlich sind erst seit 2022 bzw. seit Anfang 2023 in der Arbeit mit geflüchteten Menschen.

Es dürfte auch kaum jemals in der jüngeren Vergangenheit ein Handlungsfeld der Sozialen Arbeit gegeben haben, das in derart kurzer Zeit ein derart immenses Wachstum zu verzeichnen hatte.

Die große Mehrheit unserer Befragten ist zwar noch bei freien Trägern angestellt, 58% arbeiten 2023 dort. Allerdings waren dies 2020 noch 71% (2017: 68%). Neben einer leichten Zunahme der direkt bei öffentlichen Trägern Beschäftigten, sehen wir – zumindest in unserem Sample – seit 2020 eine deutliche Zunahme der Beschäftigten von privaten Trägern (Abb. 6).

Vor dem Hintergrund der in Sachsen in den letzten Jahren immer wieder aufflammenden Debatte um das Subsidiaritätsprinzip in der Flüchtlingssozialarbeit, kann hier zumindest festgehalten werden, dass die freien Träger gemessen an der Zahl der Mitarbeiter*innen zumindest in unserer Stichprobe tatsächlich derzeit tendenziell auf dem Rückzug scheinen, obwohl sie natürlich noch deutlich die Mehrheit der Beschäftigten stellen. Mittlerweile wird offenbar tatsächlich ein nicht unerheblicher Teil der Aufgaben von privaten Trägern ausgeführt.

Ob es sich dabei um einen Befragungseffekt handelt, oder ob die sich hier abzeichnende Tendenz reale Verschiebungen im Handlungsfeld abbildet, kann aufgrund unserer Daten hier nicht entschieden werden. Es bleibt aber eine weiter zu verfolgende Frage, zumal es hier ja um die Grundstrukturen der Trägerlandschaft geht.

Ordnet man die Stichprobe 2023 verschiedenen Ortsklassen (von Großstadt bis Dorf/ländliche Region)[7] zu, so fällt auf, dass sich die Verschiebung vom ländlichen Raum und von Kleinstädten in Richtung Großstadt, die noch 2017 zu konstatieren war, in unseren Daten (hinsichtlich des Umfeldes der eigenen Tätigkeit) nicht fortgesetzt hat (Abb. 7).

Inwieweit diese Tendenz, die ein Resultat der Beobachtung der letzten Jahre war, dass geflüchtete Menschen nach der Erstunterbringung (auf dem Land oder in Kleinstädten) überwiegend versuchen, in die größeren Städte zu ziehen (vgl. Gemende et al. 2020:87ff), nun zu einem Ende gekommen ist, bleibt zu beobachten.

2023 sind – in anderer Gruppierung der Daten – knapp 55% der Befragten ausschließlich in Großstädten oder deren unmittelbarem Umfeld tätig, 38% ausschließlich in Kleinstädten oder ländlichen Regionen und acht Prozent in beiden Regionstypen.

Sowohl hinsichtlich der Arbeitsbedingungen der befragten Fachkräfte als auch in Bezug auf die strukturellen Kontextbedingungen im Handlungsfeld ergeben sich durchaus – teilweise deutliche und nicht immer in die gleiche Richtung weisende – Differenzen zwischen dem großstädtischen und dem kleinstädtisch-ländlichen Umfeld. Einige seien bereits an dieser Stelle erwähnt:

Bei den acht auf die Beschäftigungsverhältnisse bzw. Arbeitsbedingungen der FSA-Kräfte bezogenen Indikatoren (vgl. 5. Abschnitt) verweisen zumindest drei Items auf Vorteile der Beschäftigten im ländlichen Raum: So werden die Vergütung, die Sachausstattung, wie auch der Umfang der verfügbaren Arbeitsräume von den Befragten im kleinstädtisch-ländlichen Bereich als deutlich günstiger eingeschätzt als von den Kolleg*innen aus dem großstädtischen Arbeitsumfeld. Lediglich bei der Frage nach ausreichend Zeit für Dokumentationen und Berichte scheinen die Bedingungen im großstädtischen Bereich etwas besser zu sein.

Bei den anderen Statements zu den Arbeitsbedingungen (Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung, Unterstützung durch die Leitung, persönliche Freiraum bei der Arbeit und Personalschlüssel) ergeben sich keine über den zu vermutenden Standardfehler hinausgehenden Unterschiede hinsichtlich der siedlungsstrukturellen Regionstypen.

Ein klarer Vorteil für die Beschäftigten im kleinstädtisch-ländlichen Bereich ergibt sich übrigens auch bei der Frage nach befristeten Arbeitsverhältnisse: So sind mittlerweile 48% der Arbeitsverträge in Großstadt und Umfeld unbefristet, aber bereits 67% im ländlichen oder kleinstädtischen Umfeld.

Darüber hinaus sind die im Kontext der FSA Beschäftigten im Durchschnitt in Kleinstädten und auf dem Land deutlich älter (ø 45 Jahre) als im großstädtischen Bereich (ø 38 Jahre).

Schließlich verdienen die großstädtischen Befragten aus unserer Stichprobe zwar de facto mit 1.989 Euro netto monatlich etwas weniger als die Kolleg*innen auf dem Land (2.083 Euro); dies hängt allerdings vorwiegend mit der häufigeren Teilzeitbeschäftigung in den Großstädten zusammen: Hochgerechnet auf Vollzeitstellen werden in der Großstadt + Umfeld monatlich 2.413 Euro verdient, auf dem Land (Kleinstädte und Dorf) hingegen nur 2.251 Euro.

Weitere, aber insgesamt eher geringere Unterschiede zwischen den Siedlungstypen ergeben sich tendenziell auch im Hinblick auf Fragen von Wertschätzung und Anfeindungen gegenüber der FSA und ihrer Klientel (vgl. dazu Abschnitt 6.).

Selbstredend gestalten sich einige infrastrukturelle Rahmenbedingungen, wie die Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum (Land deutlich im Vorteil) oder die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Stadt deutlich im Vorteil) recht unterschiedlich.

Schließlich soll die Stichprobe hier noch lokal verortet werden: In Abb. 8 sind die Teilnehmer*innen unserer Befragung ihrem (primären) Arbeitsort, also dem Landkreis bzw. der kreisfreien Stadt zugeordnet. Da aus Gründen der Anonymität nur die ersten drei Stellen der Postleitzahl erfragt wurden und die Landkreisgrenzen sich mit Postleitzahlgebieten teilweise überschneiden, mussten die Landkreise Leipzig, Nordsachsen und Mittelsachsen, die Landkreise Zwickau, Erzgebirgskreis und Vogtlandkreis sowie die Landkreise Bautzen und Görlitz zu jeweils einem Gebiet zusammengefasst werden.

Die Abbildung zeigt, dass das nördliche Sachsen, insbesondere Leipzig, in der Befragung sehr stark vertreten sind, der Raum Ostsachsen (einschließlich Dresden) aber deutlich unterrepräsentiert erscheint.


In diesem Abschnitt werden einige wesentliche Determinanten des Handlungsfeldes vorgestellt. Es geht um die Bezeichnung der Tätigkeiten, um die Abschlüsse und Qualifikationen der Beschäftigten, dabei auch um die Frage der „Quereinsteiger*innen” sowie um zu erledigenden Aufgaben und die Frage der Standards. Das Kapitel wird schließlich mit ein paar Ergebnissen zum Thema Sprachkompetenzen und zur Unterbringungssituation ergänzt.

Rekonstruiert man die Diskurse zur Sozialen Arbeit für und mit Menschen mit Fluchterfahrung, so begegnet einem nach wie vor eine ziemlich diffuse begriffliche Vielfalt. Neben dem – zwar weit verbreiteten, aber mittlerweile häufig abgelehnten – Begriff der „Flüchtlingssozialarbeit”[8] und dem übergreifenden aber unspezifischen Alltagsbegriff der „Flüchtlingshilfe“ (vgl. Eppenstein 2018) findet sich in Literatur und Praxis eine Vielzahl begrifflicher Konstruktionen. Die Unterstützung geflüchteter Menschen wird in einschlägigen Richtlinien, in den Ämtern und Behörden, aber auch bei den freien Trägern und schließlich den dort Beschäftigten selbst mal als „Betreuung“, mal als „Beratung“ oder auch als „Begleitung“ geflüchteter Menschen bezeichnet (vgl. Gemende et al. 2017:27ff). Dass es dabei (auch) um Soziale Arbeit geht, wird von den einen sozusagen stillschweigend mitgedacht, von den anderen aber negiert. Und für den Begriff der „Flüchtlingssozialarbeit“ hat sich noch kein adäquater Ersatz gefunden, der prägnant und breit akzeptiert wäre.

Hinzu kommen alternative Begriffe wie etwa „Migrationssozialarbeit“ (MSA), die streng genommen eine übergeordnete Kategorie bezeichnet, da sie sich im Wortsinn auf alle Menschen mit Migrationshintergrund oder -erfahrung bezieht, von denen Geflüchtete wiederum nur eine Teilmenge darstellen. Andererseits wird der Begriff der MSA zwar mit programmatischem Anspruch vertreten[9], aber häufig doch nur als begriffliche Alternative neben der Flüchtlingssozialarbeit ohne genauere Differenzierung in den Raum gestellt, was zur weiteren Begriffsverwirrung beiträgt. Hinzu kommen – neben etablierten Bezeichnungen für bundesrechtlich verankerte Beratungsangebote wie die Beratungsstellen für erwachsene Zuwanderer (MBE) oder die Jugendmigrationsdienste (JMD) – auch Wortschöpfungen wie „Asylsozialarbeit“ oder „Flüchtlingssozialdienst“ (vgl. AWO Bundesverband 2018:9) und viele andere.

Die weitestgehend inkonsistente, sowohl synonyme als auch separate Verwendung von Begriffen mit den Wortstämmen Sozialarbeit, Betreuung, Begleitung, Beratung u.a., die wir im Kontext der wissenschaftlichen Begleitung der Flüchtlingssozialarbeit in Sachsen schon seit 2016 auf der Basis qualitativer Expert*inneninterviews feststellen mussten, ist ein weiterhin ungelöstes Problem, „das im Interesse einer klaren Konturierung des Handlungsfeldes überwunden werden sollte.“ (ebd.: 10)[10]

Unsere Befragung richtete sich an alle hauptamtlich Beschäftigten, die auf der Basis der o.g. Richtlinien des Freistaates Sachsen mit geflüchteten Menschen arbeiten. Die Antworten auf die Frage „Wie lautet die konkrete Bezeichnung Ihrer Tätigkeit mit geflüchteten Menschen?“ zeigen, dass hier eine Vielzahl an unterschiedlichen Tätigkeitsprofilen existiert und/oder die Bezeichnungen für diese Tätigkeiten stark variieren.

Insgesamt haben 144 Befragte Angaben zu ihrer Tätigkeitsbezeichnung gemacht und dabei eine unüberschaubare Vielzahl unterschiedlicher Bezeichnungen ihrer Tätigkeit angegeben. Eine kleine willkürliche Auswahl – bewusst ohne die einschlägigen Begriffskonstruktionen um den Wortstamm der Sozialarbeit/Sozialen Arbeit oder Sozialpädagogik – mag die Vielfalt dieser Begriffswelt aufzeigen:

  • Ausländer- und Flüchtlingsberatung
  • Beratung für Ukrainische Zugewanderte
  • Einrichtungsleitung / Soziale Betreuung
  • Einrichtungsleitung Gemeinschaftsunterkunft
  • Flüchtlingsbetreuer
  • Flüchtlingsbetreuung für dezentral untergebrachte Asylsuchende
  • Flüchtlingsbetreuung in Gemeinschaftsunterkunft
  • Hausleitung und Soziale Betreuung in einer Gemeinschaftsunterkunft
  • Leitung der Sozialbetreuung
  • Migrationssozialarbeiterin und Beraterin für Arbeitsmarktintegration
  • Mitarbeiter der Sozialen Betreuung / Sozialbetreuer
  • Mitarbeiter Sozialbetreuung (Flüchtlingssozialberater)
  • Mitarbeiterin in der sozialen Betreuung von Flüchtlingen
  • Mobile Beratung
  • mobile Sozialbetreuung, Asyl- und Perspektivberatung
  • Projektkoordinatorin in einem Projekt für Frauen mit Migrationserfahrung
  • Sozialbetreuung in einer Notunterkunft für Flüchtlinge
  • Sozialbetreuung in hausleitender Funktion
  • Soziale Beratung der Asylsuchenden
  • Soziale Betreuung für Flüchtlinge
  • Soziale Betreuung in einer Gemeinschaftsunterkunft
  • Soziale Betreuung in GU für suchtkranke Geflüchtete
  • Soziale Betreuung und Suchtberater
  • Soziale Betreuung von Flüchtlingen/Flüchtlingssozialarbeit
  • Sprach-/ Kulturmittlerin, Projektmitarbeiterin, Migrationssozialarbeiterin
  • Teamleitung Flüchtlingshilfe
  • Teamleitung Soziale Beratung

Von den 144 Befragten, die hier 2023 explizit geantwortet haben, geben 58 eine Tätigkeitsbezeichnung an, die sich aus dem Wortstamm „Sozialarbeit“ ableitet, darunter „Flüchtlingssozialarbeit“, „Sozialarbeit“ oder „Migrationssozialarbeit“. 36 Antworten beziehen sich primär auf den Betreuungsbegriff. Auf den Beratungsbegriff fokussieren weitere 14 Antworten, die Koordinationsfunktion bildet für acht Befragte den Kern ihrer Tätigkeitsbezeichnung (darunter auch regionale oder kommunale „Integrationskoordinator*innen“). Schließlich geben 20 Befragte verschiedene Leitungsfunktionen an, die weiteren Antworten lassen sich keiner Gruppe zuordnen (Abb. 9).

  • 2023 benennen 40% der gültigen Antworten explizit Tätigkeitsbezeichnungen mit dem Wortstamm „Sozialarbeit“ oder „Soziale Arbeit“ (2017: 30%; 2020: 38%). Damit wird in der Praxis meist die Erwartung einer grundlegenden Qualifikation über ein Studium und die Orientierung an professionellen Standards Sozialer Arbeit zum Ausdruck gebracht.
  • Tätigkeiten mit der Hauptbezeichnung als „Beratung“ werden 2023 noch von 10% der Befragten gebraucht, 2017 und 2020 waren das etwas mehr. Dabei ist Beratung einerseits als Migrationsdienst ein eigenständiges Handlungsfeld (MBE, JMD und andere Beratungsstellen), aber auch wesentliches methodisches Instrumentarium von FSA.
  • Deutlich häufiger als 2020 wird nun (von 25%) wieder der Betreuungsbegriff verwendet (2017: 29%; 2020: 14%). In der Sozialen Arbeit wird der Betreuungsbegriff meist mit gutem Grund abgelehnt, da er zumindest missverständlich ist. Er meint u.a. die Betreuung im rechtlichen Sinn nach dem Betreuungsrecht als eigenständiges Arbeitsfeld in der Sozialen Arbeit, das für volljährige Menschen geschaffen wurde, die ihre eigenen Angelegenheiten ganz oder zum Teil nicht mehr selbst regeln können und für die das Betreuungsgericht eine*n Betreuer*in bestellen kann. Im Gegensatz dazu ist aber in der FSA davon auszugehen, dass geflüchtete Menschen – gegebenenfalls mit zeitweiliger Unterstützung auch von Sozialarbeiter*innen – ihr Leben in der Migrationsgesellschaft in der Regel selbstständig bewältigen können. Dem Betreuungsbegriff haftet somit in gewisser Weise die Konnotation des Unmündigen an, dessen Verwendung läuft Gefahr, den geflüchteten Menschen im Grunde genommen Handlungsfähigkeit und Selbstständigkeit abzusprechen. Er ist aber – schon aufgrund seiner Verwendung in einschlägigen Richtlinien des Freistaats Sachsen – wohl derzeit nicht zu überwinden.

Im Übrigen steht die Bezeichnung der eigenen Tätigkeit nicht unbedingt in einem erkennbaren Zusammenhang mit der formalen beruflichen Qualifikation der Befragten:

So geben 2023 zwar 49% derjenigen, die über einen einschlägigen sozialen Abschluss (Studium oder Fachschule) verfügen, als konkrete Bezeichnung ihrer Tätigkeit mit geflüchteten Menschen „Soziale Arbeit“ (FSA oder MSA) an. Hingegen bezeichnen aus dieser Gruppe auch 16% ihre Tätigkeit als „Betreuung“, weitere 13% als „Beratung“. 13% aus dieser Gruppe geben eine Leitungstätigkeit an. Auf der anderen Seite bezeichnen 31% derjenigen, die keinen sozialarbeiterischen/sozialpädagogischen Berufsabschluss vorweisen, Ihre Tätigkeit ebenso als „Flüchtlingssozialarbeit“, „Sozialarbeit“ oder „Migrationssozialarbeit“; der Betreuungsbegriff wird von dieser Gruppe von 34% angegeben.

In der offensichtlich weitgehenden Beliebigkeit bei der Verwendung einschlägiger Berufs- oder Tätigkeitsbezeichnungen kommen doch deutliche professionspolitische Defizite der Sozialen Arbeit zum Ausdruck. Selbst in einschlägigen Handlungsfeldern, die man als Domänen der Sozialen Arbeit bezeichnen kann, sind „Sozialarbeiter“ oder der „Sozialarbeiterin“ keine eindeutigen, positiv und mit einem gewissen professionellen Anspruch konnotierten Begriffe.

Die bei den öffentlichen Trägern Beschäftigten weisen hier eine etwas stringentere Entsprechung von Abschluss und Tätigkeit auf: Zumindest 60% der Mitarbeiter*innen ordnen sich hier „FSA/Sozialarbeit“ oder „MSA“ zu. Bei den freien Trägern bezeichnen sich nur rund 44% der eigentlich einschlägig Qualifizierten als Sozialarbeiter*innen. Hier ist die Streuung über die weiteren Tätigkeitsbezeichnungen groß („Beratung“ 21%, „Betreuung“ 12%, „Leitung“ 19%). Offenbar tun hier stringentere Tätigkeitsbeschreibungen im öffentlichen Bereich ein Übriges.

Die hier beschriebenen begrifflichen Defizite sind kein marginales Randproblem – etwa nach dem Motto: die Arbeit muss getan werden, wie wir sie nennen spielt doch keine Rolle –, sondern erschwert den Diskurs über das Handlungsfeld und behindert eine angemessene professionelle Weiterentwicklung. Die Begriffsvielfalt im Feld der sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen belegt vor allem, dass es bislang nicht gelungen ist, etwa für identische Tätigkeitsprofile auch einheitliche Bezeichnungen zu finden. Dies erschwert weiterhin auch die Kommunikation über das Handlungsfeld, da häufig Gleiches unterschiedlich und wohl auch Unterschiedliches gleich benannt wird. Wenn kein Konsens zur Bezeichnung existiert, dann kann es auch kein einheitliches Verständnis von den zu lösenden Aufgaben – und damit auch keine einheitlichen Handlungsoptionen – geben. Um Kommunikationsbarrieren – auch bei der Aushandlung von Projektförderungen – zu überwinden, die in unterschiedlichen Begriffen (und dahinterliegenden Verständnissen) begründet sind, braucht es eine professionsadäquate Terminologie bei der Bezeichnung der wesentlichen Tätigkeiten.

Die FSA, die einerseits darauf angewiesen ist, dass auch („fachfremde“) Quereinsteiger*innen beschäftigt werden können und müssen, die andererseits aber nach Professionalisierung strebt – und dabei auch das sog. „Fachkräftegebot“ verteidigen muss – sollte ganz besonderen Wert darauf legen,  dass die Bezeichnungen für das Handlungsfeld mit Bedacht und trennscharf gewählt werden.

Denn einem Handlungsfeld, dass nicht einmal konsistente Tätigkeitsbezeichnungen kennt, mangelt es an Akzeptanz und Unterstützung, ein professionelles Selbstverständnis lässt sich so nicht entwickeln.

Zur genaueren Einschätzung unserer Stichprobe wollten wir dieses Mal zusätzlich wissen, inwieweit Befragte evtl. leitende oder koordinierende Funktionen ausüben, ohne direkten Kontakt zu Geflüchteten. Dabei stell sich heraus, dass lediglich acht Personen (5%) in keinem direkten Kontakt mit den Zielgruppen der geflüchteten Menschen stehen. Weitere 26 Befragte (17%) üben (teilweise) Leitungsfunktionen aus, sind aber auch im direkten Kontakt mit Geflüchteten. Insofern setzt sich unsere Stichprobe weit überwiegend (zu 95%) aus Personen zusammen, die über persönliche Erfahrungen im direkten Kontakt mit den Zielgruppen verfügen.

In der Arbeit mit geflüchteten Menschen haben wir es – ganz im Gegensatz zu den etablierten Feldern der Sozialen Arbeit, wie etwa den verschiedenen Bereichen der Jugendhilfe – mit einem außerordentlich großen Anteil von Beschäftigten zu tun, die über keine Ausbildung in einem einschlägigen „sozialen“ Beruf verfügen. Dies mag für die Phase der ungeheueren Expansion des Handlungsfeldes seit 2015/16 eine zwangsläufige Begleiterscheinung gewesen sein, da ohne „Quereinsteiger*innen“ der Bedarf an Arbeitskräften, der sich in kürzester Zeit vervielfacht hat, in keiner Weise zu decken gewesen wäre.

Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen empfiehlt vor diesem Hintergrund in ihrem Standardpapier (Fachausschuss Migration 2017) als Grundqualifikation für „Flüchtlingssozialarbeiter*innen“ ein abgeschlossenes Hochschul- oder Fachhochschulstudium in einer der Fachrichtungen Sozialarbeit, Sozialpädagogik, Pädagogik oder Erziehungswissenschaft. „Bei Eignung“ sollen aber auch „andere vergleichbare Abschlüsse“ akzeptiert werden. Daneben wird auch ein „Bestandsschutz für langjährig tätige Mitarbeiter*innen der FSA“ gefordert.

Doch wie sieht es nun, ca. sieben Jahre nach der großen Expansionswelle aus?

Betrachten wir die Angaben der Beschäftigten im Handlungsfeld der FSA in Sachsen zu deren beruflichen Ausbildungsabschlüssen, so lassen diese auch hier eine deutliche Vielfalt erkennen (vgl. Abb. 10) und belegen den immer noch sehr großen, und zumindest in den Daten unserer Befragungen seit 2020 wieder angestiegenen Anteil der Quereinsteiger*innen. Stellten die Beschäftigten mit einem einschlägigen Studienabschluss in der Sozialen Arbeit bzw. Sozialpädagogik 2020 noch die größte Gruppe, was einen leichten Trend zu höher bzw. adäquater qualifizierten Beschäftigten im Tätigkeitsfeld der FSA anzudeuten schien, so haben sich die Relationen seither wieder umgekehrt und wiederum den Verhältnissen von 2017 angenähert.

So verfügen 2023 nur mehr 37% unserer Befragten über einen Hochschulabschluss in einem einschlägigen Fach. Nimmt man Fachschulabschluss und Lehre hinzu, haben wir es mit 51% Befragten mit einem „Sozialen Abschluss“ zu tun[11]. 2020 waren dies nur unwesentlich mehr, allerdings mit einem deutlich höheren Anteil von Hochschulabschlüssen.

Nimmt man alle einschlägigen sozialen Berufsabschlüsse zusammen, so verfügen in unserem Sample 78 Befragte (51%) über (mindestens einen) einen Abschluss in einem sozialen Beruf (Studium, Fachschule oder Lehre), 76 Befragte (49%) verfügen über Studien- oder Ausbildungsabschlüsse aus anderen, nicht-sozialen Berufen.

Knapp 79% der Befragten geben an, über (mindestens) einen Hochschulabschluss zu verfügen. Dabei stellen die Bachelorabsolvent*innen jetzt mit einem Drittel aller Befragten die größte Gruppe dar, 21% haben einen Masterabschluss.

Der weiterhin relativ konstante Anteil an Qualifikationen außerhalb des Bereiches „Sozialer Berufe“ legt nach wie vor die Frage nahe, über welche spezifischen Qualifikationen die mit Geflüchteten arbeitenden Beschäftigten eigentlich verfügen. Auch das Thema der Anerkennung bzw. Weiterqualifizierung der Quereinsteiger*innen wird in diesem Zusammenhang auf absehbare Zeit erhalten bleiben.

Aber was qualifiziert oder befähigt nun die Beschäftigten aus deren eigener Sicht zur Arbeit mit geflüchteten Menschen?

Wir haben im Anschluss an die Frage nach den beruflichen Abschlüssen die offene Frage „Über welche (weiteren) spezifischen Qualifikationen für die Arbeit mit geflüchteten Menschen verfügen Sie?“ gestellt. Hier bestätigt sich zunächst die im Bereich der Sozialen Arbeit ohnehin überaus große Bedeutung der im Rahmen von Fort- und Weiterbildungen erworbenen Zusatzqualifikationen.

Von den ca. 150 identifizierbaren Stichworten als Antworten auf diese Frage konnten 54 der Kategorie Fort- und Weiterbildungen zugeordnet werden. Die Antworten reichen hier von – selten konkret genannten – Zusatzqualifikationen in den Bereichen Traumapädagogik, systemische Beratung oder interkulturelles Training (u.a.) über den Hinweis auf „längerfristige zertifizierte Weiterbildungen“ bis hin zu allgemeinen Verweisen auf (teilweise „zahlreiche Fort- und Weiterbildungen“, so auch die Antwort „diverse Weiterbildungen“ oder „diverse Zertifikate“.

Thematisch reicht das Spektrum dieser Zusatzqualifikationen von den häufig vorkommenden Inhalten „systemische Beratung“, „Traumaarbeit/-pädagogik“, „Asyl- und Aufenthaltsrecht“, „Deeskalation“ und „interkulturelle Kompetenzen“ über „Antidiskriminierung“, „Beratungstechniken“, „Biografische Verfahren“, „Demokratieförderung“, „Diversity Management“, „geschlechtersensible Arbeit“, „Gesprächsführung“, „Mediation“, „Menschenrechte“, „Moderationstechniken“ und „Projektmanagement“ bis hin zur „rassismuskritischen Migrationspädagogik“ und vielen anderen.

Daneben bildet der – meist recht allgemeine – Hinweis auf „interkulturelle Kompetenzen“ oder „Erfahrungen“, gelegentlich mit dem Hinweis auf eigenen Migrationshintergrund, die zweithäufigste Antwort (20 Antworten). Dazu kommen 15 Antworten, die eigene sprachliche Kenntnisse als wesentliches Qualifikationsmerkmal für die Arbeit mit geflüchteten Menschen angeben.

Berufliche Erfahrungen in Feldern mit unterstellter Relevanz für die Arbeit mit Geflüchteten (wie DaF-Lehrerin, Fallmanager, „Führungskraft“, insgesamt 13 Antworten) bilden einen weiteren Schwerpunkt der Antworten.

Studienabschlüsse jenseits von Sozialarbeit oder Sozialpädagogik (so Interkulturelle Kommunikation, Sozialwissenschaften, Soziologie, Ethnologie, Arabistik, Psychologie, Politikwissenschaft u.a.) bzw. Themen von Bachelor- oder Masterarbeiten führen 13 weitere Befragte als Qualifikationsmerkmal an.

Ein gutes Dutzend Befragte verweisen auf ehrenamtliche Erfahrungen, acht Befragte auf eigene Auslandserfahrungen, vier Befragte explizit auf die eigene Migrationsgeschichte, ebenso vier auf Praktika.

Schließlich sehen 10 weitere Befragte in persönlichen Eigenschaften, die nicht primär in Zusammenhang mit einschlägigen beruflichen Kompetenzen gebracht werden, ihre wesentliche Qualifikation für die Arbeit mit Geflüchteten. Die Antworten beziehen sich hier auf „wertschätzende Grundhaltung“, „Empathie”, „versiert im Umgang mit Ämtern und Behörden“, „Technisches Verständnis“ über „Organisationsgeschick“ bis hin zum „Durchsetzungsvermögen“.

Quereinsteiger*innen – also in der (Sozialen) Arbeit mit geflüchteten Menschen Tätige ohne sozialarbeiterische berufliche Qualifikation – waren und sind in diesem Handlungsfeld seit dem Anstieg der Flüchtlingszahlen 2015/16 zunächst unverzichtbar, schon allein weil es nicht ausreichend Sozialarbeiter*innen/Sozialpädagog*innen für die Bewältigung der entsprechenden Aufgaben gibt. Diese Situation hat sich bislang nicht verändert, die Zahl der Quereinsteiger*innen ist seit unserer ersten Befragung 2017 relativ konstant.

Mit Blick auf die Professionalisierungsdebatte in der Flüchtlingssozialarbeit wird hier vielfach die drohende Gefahr einer Deprofessionalisierung gesehen, geht es doch um die Frage, inwieweit eine Beschäftigung in diesem Handlungsfeld ohne einschlägige berufliche Qualifikation die Qualität der Arbeit – zuungunsten der Zielgruppen – beeinträchtigt und eine Absenkung professioneller Standards die Folge sein könnte. Ein wesentliches Thema in diesem Zusammenhang ist die Notwendigkeit von „nachholenden“ Qualifizierungsmöglichkeiten für diese Quereinsteiger*innen.

Nachdem – wie oben dargestellt – nur die Hälfte der im Handlungsfeld Tätigen einen sozialarbeiterischen/sozialpädagogischen Abschluss besitzt, drängt sich natürlich die Frage auf, inwieweit überhaupt ein einschlägiger Abschluss für eine qualifizierte Arbeit mit geflüchteten Menschen notwendig erscheint. Während nun in unseren beiden ersten Befragungen 2017 und 2020 mit 55% jeweils eine klare Mehrheit unserer Befragten der Aussage (gänzlich oder eher) zustimmte „Die Arbeit mit geflüchteten Menschen sollte nur von ausgebildeten Sozialarbeiter*innen / Sozialpädagog*innen geleistet werden“, ergeben sich in der aktuellen Befragung deutliche Verschiebungen: 2023 sind nur noch 39% der Befragten (ganz oder eher) dieser Ansicht, mittlerweile 62% stimmen dem nicht zu (vgl. Abb. 12)

Ob dieses Ergebnis auf eine größere Akzeptanz gegenüber Quereinsteiger*innen aufgrund zwischenzeitlich positiver Erfahrungen oder aufgrund der Einsicht in die vermeintlich unabänderliche Notwendigkeit der Beschäftigung „fachfremder“ Personen zurückzuführen ist, muss hier zunächst offen bleiben.

Etwas anders sieht es natürlich erwartungsgemäß aus, wenn man die Antworten der Befragten mit einschlägigem sozialen Berufsabschluss mit den Antworten der Befragten mit anderen beruflichen Qualifikationen kontrastiert.

Während die sozialarbeiterisch Qualifizierten die Fahne der Fachlichkeit einigermaßen hochhalten und zu 57% (ganz oder eher) befinden, die Arbeit mit Geflüchteten müsse von ausgebildeten Sozialarbeiter*innen / Sozialpädagog*innen geleistet werden, sind dies bei den Befragten mit anderen Abschlüssen nur noch 19%. 43% der Befragten mit sozialem Abschluss, aber 81% derjenigen mit anderen Abschlüssen sind der Ansicht, das fragliche Statement treffe nicht zu (vgl. Abb. 13).

Hier prallen natürlich zwei Positionen aufeinander, die Konfliktpotenzial erwarten lassen.

Mit zwei 2023 neu hinzugefügten Fragen wollten wir dieses angenommene Konfliktpotenzial etwas ausleuchten.

Zunächst haben wir die standardisierte Frage vorgelegt „Gibt es in Ihrem Arbeitsbereich Konflikte oder Probleme in Bezug auf das Nebeneinander von professionellen Sozialarbeiter*innen und Quereinsteiger*innen ohne einschlägigen Berufsabschluss?“.

Wie aus Abb. 14 hervorgeht, werden insgesamt doch recht selten Konflikte in diesem Kontext gesehen. 12% aller Befragten konstatieren hier „sehr“ oder „eher häufig“, weitere 17% sehen „teils teils“ Konflikte. Während also zusammen 29% aller Befragten zumindest teilweise Konflikte wahrnehmen, sind es bei den Befragten mit sozialem Abschluss zusammen schon 42%; die Befragten mit einem anderen, „nicht-sozialen“ Berufsabschluss sagen das nur zu 17%.

Das Nebeneinander von Absolvent*innen sozialer Abschlüsse und anderer beruflicher Qualifikationen wird jedenfalls von beiden Seiten recht unterschiedlich konfliktträchtig wahrgenommen.

In einer offenen Frage („Bitte erläutern Sie Ihre Einschätzung bzw. nehmen Sie Stellung zur Frage der Beschäftigung von Quereinsteiger*innen bzw. Personen ohne einschlägigen Berufsabschluss in der Arbeit mit geflüchteten Menschen!“) konnten die Befragten zu diesem Thema Stellung beziehen.

Dabei kommen etwas häufiger als in der o.g. standardisierten Frage zu vermuten, schon auch kritische Einschätzungen zu Tage, andererseits aber doch noch mehrheitlich positive Erfahrungen. Viele recht differenzierte und abwägende Statements runden das Bild ab.

Die Arbeit mit Quereinsteiger*innen ist per se problematisch, da diese nicht über spezifische Grundkompetenzen verfügen und dadurch ggf. auch die Arbeit des Teams erschweren.

Diskussions- und Konfliktpotential bieten Unterschiede in der Qualifizierung, da sich die verschiedenen fachlichen Kompetenzen und Zugänge zu Grundlagen, Theorien und Methoden der Sozialen Arbeit auf Beratungsqualität, Qualitätsmanagement, Orientierung an fachlichen Leitlinien und Anleitung, aber auch in Team-Hierarchien auswirken (können). Fehlende Rechtskenntnisse können zu falscher Beratung vor allem im Asylverfahren führen, Unverständnis hinsichtlich der Hilfesysteme und -netzwerke zu falscher Verweisberatung.

Explizit kommen v.a. die folgenden konfliktbehafteten Erfahrungen zum Ausdruck:

Quereinsteiger*innen sind per se gut für die Arbeit mit Geflüchteten geeignet und bereichern die – dann multiprofessionellen – Teams (da es auf Qualifikationen/Ressourcen und Haltungen ankomme, die nicht durch ein Studium erlernt werden könnten: respektvoller Umgang, Gerechtigkeitsempfinden, Menschlichkeit, wertschätzenden Grundhaltung, Lernbereitschaft, eigene Migrationsgeschichte etc.). Multiprofessionelle oder „divers zusammengesetzte“ Teams werden als Gewinn angesehen.

Als Ressourcen multiprofessioneller Teams werden erfahren: verschiedene Berufserfahrungen insbesondere in der Arbeit mit geflüchteten Adressat*innen, Sprach- und Kulturkenntnisse, sowie eigene Fluchterfahrungen, und daraus erwachsende persönliche Zugänge zu den Zielgruppen, Sensibilität für (eigene) Rassismen, Belastbarkeit, Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen.

Diese Position ist sehr oft gepaart mit dem Hinweis darauf, dass ein Studienabschluss keine Gewähr für eine qualitativ hochwertige Soziale Arbeit mit Geflüchteten sei und auch „studierte Sozialarbeiter*innen“ häufig entsprechende Kompetenzen vermissen ließen.

Erfahrungen bzgl. Quereinsteiger*innen sind ambivalent. Einige Statements von Befragten wägen deshalb Vor- und Nachteile ab und münden überwiegend in die Feststellung, Quereinsteiger*innen seien unbedingt notwendig (schon weil es nicht genügend sozialarbeiterisch ausgebildete Fachkräfte gibt) und würden ggf. auch überwiegend eine gute Arbeit machen. Als roter Faden zieht sich durch diese Anmerkungen aber immer wieder die Feststellung, es komme darauf an, den Quereinsteiger*innen durch eine gründliche und längerfristige Einarbeitung und/oder umfassende Weiterqualifizierung entsprechende Kompetenzen zu vermitteln.

Hier noch einige exemplarische Beispiele entsprechender Statements:

Es ist vor dem Hintergrund der oben kurz skizzierten Diffusität und Vielstimmigkeit schon beim Begriffsverständnis der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen nicht überraschend, dass über deren konkrete Aufgaben, also das, wofür sie sich zuständig sieht und das, was ihr an Zuständigkeit zugeschrieben (bzw. vorenthalten) wird, kein Konsens besteht.

Landesweite Vorgaben[13] bzw. Richtlinien stecken nur den Rahmen ab, geben die Leitplanken vor, innerhalb derer Flüchtlingssozialarbeit stattfindet. Es obliegt den Landkreisen und kreisfreien Städten als „unteren Unterbringungsbehörden“, die Aufgaben der FSA zu definieren, in Leistungsbeschreibungen festzuhalten und dann freie Träger mit der Durchführung zu beauftragen oder FSA in Eigenregie durchzuführen[14].

Diese kommunal jeweils vorgegebenen oder – im günstigsten Fall – mit den freien Trägern ausgehandelten Leistungsbeschreibungen fallen – je nach Grundverständnis, politischen Vorgaben, regionalen Gegebenheiten, Arbeitsteilungen vor Ort usw. – recht unterschiedlich aus. Zwar versuchen u.a. Fachverbände freier Träger in den letzten Jahren, über entsprechende Empfehlungen ein gewisses Grundverständnis bzw. „Standards“ für dieses Handlungsfeld durchzusetzen (vgl. AWO Bundesverband 2018; Fachausschuss Migration 2017; Deutscher Caritasverband e.V. 2016; vgl. auch Initiative Hochschullehrender 2016; Landesarbeitsgemeinschaft Flüchtlings- & Migrationssozialarbeit in Sachsen 2020). Ein konsensualer Kanon zu einer Aufgabenbeschreibung für Flüchtlingssozialarbeit ist aber nicht in Sicht.

Wir haben aus Praxiserfahrungen und Leistungsbeschreibungen eine größere Zahl an möglichen Aufgaben innerhalb des Handlungsfeldes der Flüchtlingssozialarbeit herausdestilliert und zusammengefasst. Um die Relevanz der unterschiedlichen möglichen Aufgaben in der alltäglichen Praxis der FSA zu ermitteln, haben wir den Befragten eine Liste mit zahlreichen Items vorgelegt und sie gebeten, anhand einer fünfstufigen Skala einzuschätzen, „in welchem Umfang Sie persönlich in Ihrer Arbeit mit den folgenden Inhalten beschäftigt sind“.

Damit soll ein grobes Aufgabenprofil entstehen, das zumindest Aussagen darüber zulässt, welche Aufgaben bzw. Tätigkeiten von der Häufigkeit des faktischen Vorkommens her zu den Kernaufgaben in der Arbeit mit geflüchteten Menschen gezählt werden können.

Dabei sind in der Befragung 2023

die häufigsten regelmäßigen Aufgaben. Jeweils 92% der Befragten sind „sehr häufig/immer“ oder „eher häufig“ damit beschäftigt. Gemessen an der Häufigkeit der Nennungen kann man diese drei – immer noch recht allgemein formulierten – Aufgaben wohl zurecht als den Kern der FSA bezeichnen, die auch schon in den beiden vorhergehenden Befragungen ganz oben standen, wenn auch als etwas weniger häufig eingeschätzt. (Abb. 15).

Ein in der Praxis recht umstrittener Aufgabenbereich, die Kontrollfunktionen, die in der Sozialen Arbeit nach weitgehender Übereinstimmung innerhalb der Profession keinen Platz haben, wird 2023 noch von 32% der befragten Praxisakteure als „häufige/sehr häufige“ Tätigkeit eingeschätzt, gleichzeitig aber von 44% selten oder nie durchgeführt. 2020 gaben noch 41% an, diese Aufgabe gehöre zu den (sehr) häufigen; ebenfalls 44% sahen darin schon damals keine wesentliche Aufgabe der FSA. 2017 wurden Kontrollaufgaben ebenfalls noch von 41% der befragten Fachkräfte (sehr) häufig durchgeführt. Vielleicht drückt sich darin eine Verschiebung im Rollenverständnis der Flüchtlingssozialarbeit aus.

Das Spannungsfeld zwischen Hilfe und Kontrolle reproduziert sich in der Flüchtlingssozialarbeit in der häufig gegensätzlichen Aufgabenzuschreibung freier und öffentlicher Träger. Soziale Arbeit als „Menschenrechtsprofession“ ist hier im Kontext von Flucht und Asyl besonders herausgefordert. Dies gilt potenziell besonders für FSA-Kräfte, die direkt beim öffentlichen Träger angestellt sind, weil sich hier Rollenkonflikte der Sozialen Arbeit strukturell bedingt verschärfen.

Schließlich mag es aber andererseits dem Bild vom gesellschaftlich engagierten Sozialarbeiter einen gewissen Abbruch tun, dass der „Einsatz für bessere Rahmenbedingungen“ fast ganz am Ende der Liste der wahrgenommenen Aufgaben steht. Nur noch für 14% der Befragten gehört dieser Einsatz im Sinne eines „politischen Mandats“ der sozialen Arbeit zu den (eher) häufig wahrgenommenen Aufgaben; 2020 waren es mit immerhin 24% noch deutlich mehr (auch 2017 mit 20%).

Da sich diese Befragung auf Praxisakteure mit sehr unterschiedlichen Qualifikationen bzw. Funktionen bezieht, mag hier eine genauere Analyse Anhaltspunkte dafür liefern, inwieweit solche (und andere) umstrittene Aufgaben von bestimmten Teilgruppen der Beschäftigten (bspw. Sozialarbeiter*innen vs. Quereinsteiger*innen, Beschäftigte öffentlicher vs. freier Träger) verstärkt wahrgenommen werden (müssen). Dies lässt sich hier nicht leisten. Immerhin lässt sich aber ad hoc – gewissermaßen zur Ehrenrettung der Profession der Sozialen Arbeit – festhalten, dass Fachkräfte mit sozialem Berufsabschluss Kontrollaufgaben nur zu neun Prozent „sehr häufig“ wahrnehmen, ihre Kolleg*innen ohne einschlägigen Abschluss hingegen zu 23%. Beim Einsatz für bessere Rahmenbedingungen sind freilich keine Unterschiede zwischen den beiden Qualifikationsgruppen auszumachen.

Einen kleinen Anhaltspunkt für die unterschiedliche Häufigkeit, mit der bestimmte Aufgaben von den unterschiedlichen Qualifikationsgruppen übernommen werden, mag der folgende Überblick geben. Berücksichtigt wurden hier nur die drei zahlenmäßig stärksten Qualifikationsgruppen in unserem Sample, die Sozialarbeiter*innen mit Hochschulabschluss (n=63), die Absolvent*innen anderer („nicht-sozialer“) Studiengänge (n = 51) sowie die Absolvent*innen einer anderen Berufsausbildung (nicht-sozialer Ausrichtung; n = 22). Vergleicht man die Mittelwerte auf die Frage nach der Häufigkeit der ausgeführten Aufgaben auf der fünfstufigen Likert-Skala (1 = „sehr häufig/immer“ bis 5 = „sehr selten/nie“) so ergeben sich zumindest Anhaltspunkte für de facto stattfindende „Arbeitsteilungen“.

Es finden sich dabei lediglich acht unserer 31 vorgelegten Items, bezüglich derer die Sozialarbeiter*innen mit Hochschulabschluss signifikant häufiger aktiv sind als die beiden Vergleichsgruppen:

  • Wahrnehmen von Hinweisen auf Menschen mit besonderer Schutzbedürftigkeit (Behinderungen, Traumatisierungen, chronische Krankheiten, Schwangerschaft),
  • Orientierung / Koordinierung von Unterstützungsangeboten (Traumaambulanz / Opferberatungsstelle / andere Beratungsstellen / Jugendamt / Ehrenamtliche),
  • Unterstützen, Lebensperspektive zu entwickeln bzgl. Rückkehr, Weiterwanderung,
  • Prävention und Intervention in Konfliktsituationen (Umgang mit Rassismus und Vorurteilen / Konflikte zwischen Geflüchteten und Betreibern / Behörden und Geflüchteten / Geflüchteten und FSA / Anwohner*innen und Geflüchteten / Geflüchtete untereinander),
  • Informationen zum Asylverfahren geben (allg. Infos und spezielle Informationen nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz, Unterstützung bei Anwaltssuche),
  • Asylverfahrensberatung,
  • Übergangsmanagement bei Anerkennung bzgl. Familienzusammenführung,
  • Konzeptuelle Arbeit / Weiterentwicklung des FSA-Konzepts beim eigenen Träger.

Die Beschäftigten ohne einschlägigen sozialen Berufsabschluss sind lediglich mit der „Organisation und Information bezüglich Freizeitaktivitäten (sammeln und weitergeben der Informationen, ggf. bei Anmeldung unterstützen)“ deutlich häufiger beschäftigt. Daneben sind sie öfter für die „Überwindung sprachlicher Hürden / Unterstützung bei Spracherwerb“ zuständig.

Die Frage zur Charakterisierung der Zielgruppen in der aktuellen Tätigkeit mit geflüchteten Menschen brachte eine beinahe Allzuständigkeit der Befragten zu Tage. Fast alle arbeiten mit geduldeten Geflüchteten und auch mit bereits länger hier lebenden Geflüchteten (jeweils 93%). Selbst mit volljährig gewordenen unbegleiteten Minderjährigen sind mehr als die Hälfte unserer Befragten befasst (Abb. 16).

Und woher kommen nun die Geflüchteten?

Auf die Bitte im Fragebogen „Bitte geben Sie an, über welche Nationalitäten die Zielgruppen Ihrer Arbeit (vorwiegend) verfügen!“ bekamen wir insgesamt 875 Nennungen. Dabei ist die folgende Tabelle natürlich nicht mit einer statistisch validen Angabe über die tatsächlichen Herkunftsländer der Geflüchteten zu verwechseln, die in Sachsen ankommen. Die – sicherlich in keiner Weise vollständigen – Angaben zeigen lediglich auf, mit welchen Nationalitäten bzw. Herkünften die Praxiskräfte es im Handlungsfeld der FSA im Juni 2023 zu tun hatten.

Dabei fällt auf, dass die Menschen aus der Ukraine im Frühjahr 2023 „nur“ am fünfthäufigsten genannt wurden, dass aber Georgien und Russland annähernd genauso häufig angegeben werden. Palästina wurde nur sechs Mal als Herkunftsregion genannt – dies dürfte sich mit dem jüngsten Nahost-Krieg in Folge des Terror-Überfalls der Hamas auf Israel zwischenzeitlich ändern (Abb. 17).

Folgerichtig hat auch eine Mehrheit der Befragten „gar nicht“ oder „weniger“ mit Geflüchteten aus der Ukraine zu tun. Aufgrund von deren besonderem Hintergrund und Status stellen die aus der Ukraine kommenden Menschen offenbar nur in Ausnahmefällen eine Zielgruppe der Flüchtlingssozialarbeit dar. Lediglich 10% der Befragten geben an, „ausschließlich“ oder „überwiegend“ mit Ukrainer*innen zu arbeiten, immerhin ein Viertel hat „teilweise“ damit zu tun (Abb. 18).

Schließlich haben wir gefragt, inwieweit sich die tägliche Arbeit durch die geflüchteten Menschen aus der Ukraine seit 2022 verändert hat. Etwa ein Drittel der Befragten hat darauf mit Anmerkungen reagiert, davon haben aber auch noch einmal gut 20 von Ihnen angegeben, dass sich ihre Arbeit dadurch nicht dauerhaft oder kaum verändert habe. Hinzu kommen zahlreiche Anmerkungen, die Veränderungen (Mehrbelastungen, Unsicherheit im Umgang mit der Situation) für das Jahr 2022 konstatieren, allerdings habe sich die Lage mittlerweile wieder normalisiert.

Zu Beginn des Ukraine-Krieges gab es einen sehr hohen Unterstützungsbedarf, der sich später durch neu geschaffene Beratungsstrukturen bzw. durch den Rechtskreiswechsel (die Verweisung an die MBE/JMD – „von 03 – 12/2022 Begleitung der ukrainischen Flüchtlinge; danach wurde in Regelstruktur (MBE/JMD) überführt“ – und die Geltung des § 24 AufethG [„Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz“, d.V.]) verringerte. Die Arbeitsbelastung hatte sich durch ukrainische Geflüchtete für einige Befragte zu Beginn des Krieges stark erhöht (z.B. auch „Zunächst wurden viele Arbeitsstunden für die Recherche und die Beschaffung relevanter Informationen aufgewendet.“), hat aber mittlerweile wieder deutlich abgenommen. Bei einigen Befragten ist sie jedoch immer noch etwas höher als vor dem Kriegsbeginn. So wird anfangs ein hoher Beratungsaufwand berichtet, was sich aber durch die Einbindung in Regeldienste größtenteils wieder erübrigt habe.

Die stärksten Veränderungen waren vom 25.02.2022 bis zum Sommer 2022 zu spüren…“, als es überall Unsicherheiten über Aufenthalt und Vorgehensweise bzgl. geflüchteten Menschen aus der Ukraine gab. Die Zahl der betreuten Ukrainer habe sich vor allem auch durch den Umzug in eigene Wohnungen verringert.

Dabei wird diese mittlerweile zu beobachtende „Normalisierung“ aber durchaus auch kritisch gesehen: „Zunächst waren Dinge einfacher und es gab gute Strukturen und ein hohes Maß an Solidarität bei den Stellen, mit denen wir zusammenarbeiteten. Nun scheinen Behörden wie die Ausländerbehörde oder das Jobcenter wieder in die Arbeitsweise verfallen zu sein, die jede Interaktionen mit denen sehr zäh gestaltet.

Aber von einem nicht unwesentlichen Teil der befragten Fachkräfte (27 Anmerkungen verweisen darauf) wird weiterhin von einer bleibenden starken Belastung bzw. Überlastung durch Ukraine-Geflüchtet berichtet:

Die beiden häufigsten im Zusammenhang mit dem Überfall auf die Ukraine und den daraus folgenden Fluchtbewegungen berichteten Veränderungen betreffen nicht so sehr das unmittelbare alltägliche Arbeitsaufkommen unserer befragten Fachkräfte im engeren Sinne, weisen aber auf in zweierlei Hinsicht veränderte Rahmenbedingungen hin, die dennoch enorme Auswirkungen auf deren Arbeit haben:

So hat sich

zum anderen wird

ad a) Bezüglich elementarer Versorgungsstrukturen werden die zunehmende Knappheit der Wohnungs(markt)situation, das Fehlen von Schul- und Kitaplätzen, fehlende Sprachkurse, längere Wartezeiten bzw. schwerere Erreichbarkeit von Behörden sowie der noch schwierigere Zugang zu medizinischer Versorgung, vor allem für Geflüchtete aus allen anderen Herkunftsländern genannt. Einige exemplarische Äußerungen von vielen:

ad b) Die Befragten beschreiben vielfach die Ungleichbehandlung von Geflüchteten aus der Ukraine im Vergleich zu Geflüchteten aus anderen Ländern. Diese Ungleichheit zeige sich in allen der oben genannten Bereiche wie der Unterbringung, der medizinischen Versorgung, dem Zugang zu Schulen und Kitas wie auch in der Arbeitsplatzsuche. Es gibt spezielle Strukturen, Angebote und Hilfen, die nur für Ukrainer*innen zugänglich sind, was bei anderen Geflüchteten zu dem (berechtigten) Gefühl der Benachteiligung, zu Unmut und Frustration führt. Es wird vielfach der Eindruck einer Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Geflüchteten geschildert. Die Behörden hätten sich (zu) stark auf die ukrainischen Geflüchteten konzentriert, was in der Tat dazu führe, dass andere Geflüchtete massiv benachteiligt würden. Es komme zu Beschwerden über Rassismus und Diskriminierung – zugleich werde der ohnehin latente und manifeste Rassismus in der Bevölkerung (gegenüber außereuropäischen Geflüchteten) dadurch befeuert. Die Arbeit mit den Klient*innen würde dadurch erschwert, da es schwierig sei, die Ungleichbehandlung zu erklären. Es wird fast einhellig gefordert, alle Geflüchteten gleich zu behandeln.

In den Diskursen zur Konstituierung des neuen Handlungsfeldes der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen seit 2015/16 war der Ruf nach „Standards“ – in besonderem Maße von Seiten der öffentlichen Träger (wie auch der Politik), aber auch von den Wohlfahrtsverbänden (vgl.  Fachausschuss Migration / LIGA Sachsen 2017) und vielen freien Trägern der FSA – von Anfang an recht deutlich vernehmbar. Von Standards versprach und verspricht man sich einiges: Sie gelten einmal als notwendige Blaupause für die Konstituierung des neuen Handlungsfeldes, als Orientierungshilfe für die Fachkräfte in einem noch unbekannten Arbeitsbereich, als bedeutendes Vehikel zur Professionalisierung der Arbeit, aber auch als Instrument zur Vergleichbarkeit und „Abrechenbarkeit“ der ausgeführten Aufgaben – letzteres natürlich vorwiegend von Seiten der öffentlichen Träger bzw. zuständigen Verwaltungen bei den verantwortlichen Kommunen[15]

Obwohl Standardisierungsbemühungen im Kontext sozialer Arbeit ansonsten überwiegend kritisch gesehen werden, da sie häufig im Kontext neoliberaler Bestrebungen zur Ökonomisierung Sozialer Arbeit forciert werden, allerdings kaum eine interaktionssensible oder personenzentrierte Einzelfallarbeit anleiten oder gar ersetzen können (vgl. Schilling 2017: 47f) und die “wilden”, schwer „zähmbaren” Probleme Sozialer Arbeit (Gaitanides 2000: 129) sich nicht mit Standards bewältigen lassen, begegnet uns im Bereich der Sozialen Arbeit mit Geflüchteten seit 2015/16 erstaunlich häufig die – naive? – Hoffnung, dass alles (oder doch vieles) besser werde, wenn erst einmal die Standards für die Flüchtlingssozialarbeit entwickelt seien.

Hier ist nicht der Ort, der Frage nachzugehen, was denn nun Standards eigentlich sein und leisten können und sollen.[16] 

Im Bewusstsein der Unschärfe des Standardbegriffs und der sehr unterschiedlichen Lesarten des Themas haben wir den Fachkräften der FSA in Sachsen 2017, 2020 und 2023 die Frage vorgelegt, ob bei deren Trägern einheitliche Standards für die Arbeit mit geflüchteten Menschen existieren. Wie aus der Abb. 19 hervorgeht, steigt der Anteil unserer Befragten, die dies bejahen, 2023 wieder auf rund 42% an. 2020 waren es noch 38% der Befragten, während sich drei Jahre zuvor noch knapp die Hälfte an Standards orientierten. Wieder gesunken ist der Anteil derer, die der zurückhaltenderen Antwortvariante von Standards in Teilbereichen der Arbeit zuneigen, also die in Teilbereichen mit Standards arbeiten (von 36% über 40% zu jetzt 34%). Der Anteil der kategorischen Nein-Antworten ist allerdings auch seit 2017 kontinuierlich angestiegen und beträgt nun etwa ein Viertel der Befragten.

Ein anderes Ergebnis korrespondiert nur teilweise mit diesen uneinheitlichen Tendenzen: In der Folgefrage sollten sich die Befragten gegenüber drei vorgelegten Statements zur (Un-)Verzichtbarkeit bzw. Notwendigkeit von Standards in der FSA positionieren (Abb. 20).

Hier ist der Anteil unserer Befragten, die Standards für unverzichtbar halten, erneut leicht gestiegen (von 23% in 2017 über 25% in 2020 zu 28% in 2023). Zum anderen bleibt der sehr geringe Anteil derer, die Standards in der FSA für „weitgehend sinnlos“ halten seit 2017 auf einem sehr niedrigen Niveau unter 10%. Etwa gleich geblieben ist auch seit 2020 der Anteil derer, die zwar konstatieren, dass Inhalte und Erfolg der Flüchtlingssozialarbeit sich nur sehr bedingt durch Standards abbilden lassen, die sich aber „dort, wo es möglich ist“ an einheitlichen Standards orientieren wollen.

Hier gibt es also eine deutliche Diskrepanz zwischen dem weit überwiegenden Wunsch nach Standards für die eigene Arbeit und der Tatsache, dass nur ein abnehmender Teil der Befragten solche Standards mehr oder weniger umfassend tatsächlich vorfindet. Diese teilweise durchaus widersprüchlichen Tendenzen könnten zumindest auf eine gewisse Desillusionierung hinsichtlich der Hoffnung auf die heilende Wirkung der Standards hindeuten; andererseits rufen die Fachkräfte mehrheitlich weiterhin nach Standards, allerdings verharrt der Anteil derjenigen, die ohne Einschränkung angeben nach Standards zu arbeiten, bei deutlich unter 50%.

Während sich bei der Frage nach der Haltung zu Standards bzw. dem Wunsch danach in der FSA keine nennenswerten Unterschiede zwischen den Mitarbeiter*innen frei-gemeinnütziger und öffentlicher Träger ergeben, unterscheiden sich die Antworten der beiden Gruppen doch insofern, als bei den frei-gemeinnützigen Trägern (mit 47%) mittlerweile tendenziell häufiger „weitest möglich“ nach – wie auch immer definierten – Standards gearbeitet wird als bei den öffentlichen Trägern (38%). 2020 war das noch umgekehrt. Aus dem Rahmen fallen hier die befragten Beschäftigten bei privaten Trägern, bei denen eine knappe Hälfte angibt, gar nicht nach Standards zu arbeiten (Abb. 21).

Interessanterweise ist gerade bei den Befragten von privaten Trägern die Zustimmung zur Aussage „Standards sind unverzichtbar für eine gute und erfolgreiche Arbeit. Unsere Tätigkeit sollte so weit wie möglich an einheitlichen Standards orientiert sein“ mit Abstand am höchsten. Weitere 56% der Befragten privater Träger stimmen dem Statement „Inhalte und Erfolg der Flüchtlingssozialarbeit lassen sich nur sehr bedingt durch Standards abbilden. Wir sollten uns aber dort, wo es möglich ist, an einheitlichen Standards orientieren“ zu. Was man nicht hat, vermisst man am meisten.

Angesichts der Heterogenität der Zielgruppe der FSA und ihrer „Allzuständigkeit“ in den Aufgaben bleibt die Diskussion fachlicher Standards eine Daueraufgabe; dies muss auch so sein, da Standardentwicklung ein dauerhafter Prozess ist und kein ein für alle Mal fertiges Ergebnis liefern kann. Zudem muss gelingende FSA immer fallabhängig sein und kann – je nach Konzept des Trägers (derer es durchaus unterschiedliche geben kann und muss) und je nach (regionalen) Besonderheiten – sehr unterschiedlich ausfallen.

Mit der offenen Frage „In welchen Bereichen Ihrer Arbeit mit geflüchteten Menschen wären Standards Ihrer Ansicht nach hilfreich?“ haben wir die FSA-Fachkräfte in Sachsen gebeten, entsprechende Arbeitsinhalte zu benennen. Zentrale standardisierbare Arbeitsbereiche sind aus Sicht der Praktiker*innen das Beratungssetting (vertraulich, unabhängig) und die Beratungsinhalte (Aufgabenbereiche, Eingrenzung), die Qualifikation des Personals (Aus- und Weiterbildung) sowie Instrumente/Methoden der Sozialarbeit allgemein (Supervision, kollegiale Fallberatung, Anamnese, Empowerment, Dokumentation etc.).

Standards werden auch gefordert im Hinblick auf

  • die Gewährleistung von Sprachmittlung,
  • die Unterbringung (Standards in der Ausstattung),
  • die Erstgespräche,
  • das Übergangsmanagement,
  • die Sicherstellung der Finanzierung.

Auf der anderen Seite benennen die Fachkräfte Bereiche, in denen sich ihre Arbeit nicht regulieren bzw. formalisieren lässt:

Als nicht standardisierbar werden die Anforderungen bzgl. komplexer, individueller Lebenssituationen und die verschiedenen Bedarfe und somit Beratungs- und Unterstützungsaufträge der Zielgruppe eingeschätzt; ebenso die Art der Beratung, konkrete Beratungsinhalte, beanspruchte Beratungszeit. Konkrete Beratungsinhalte erforderten individuelle Handlungsspielräume. Daneben werden Einzelfallentscheidungen benannt, welche individuelle Einschätzungen und Beurteilungen benötigen.

Die Beziehungsarbeit zu den Adressat*innen unterliege keiner Standardisierbarkeit, ebenso wird der Umgang mit psychosozialen Herausforderungen als nicht standardisierbar benannt.

Aber auch regionale Unterschiede in der Umsetzung der FSA entziehen sich einer Standardisierbarkeit.

Standardisierbar:

  • Art der Hilfe bzw. Beratungsleistung als Komm- und/oder Gehstruktur
  • Ausstattung wie regelmäßige Sprechzeiten, eigener Arbeitsplatz
  • Qualifikation des Personalsallgemeine Wirkungsziele und Aufgabenbereiche
  • angemessener Betreuungsschlüssel
  • Bereitstellung von Übersetzungsleistungen
  • Zeit für kollegiale Fallberatung
  • Aus- und Weiterbildung, Vernetzung, fachlichen Austausch  

Nicht standardisierbar:

  • die fachliche Verortung der FSA mit ihren jeweiligen theoretischen und methodischen Konzepten
  • Prozesse, Beratungsabläufe
  • Art und Dauer der Beratungsgespräche
  • Umfang der Unterstützung (z.B. wie lange nach der Ankunft Personen Unterstützung durch FSA/MSA benötigen)
  • die konkrete Zielaushandlung und methodische Zielerreichung im Einzelfall, v.a. mittels Beratung, Kooperation und Arbeitsteilung mit anderen Systemen
  • Flexibilität im Umgang mit individuellen Problemlagen und Fähigkeiten der Adressat*innen

So lassen sich zwar einerseits bestimmte „strukturelle Leitplanken“ zur Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit und der Qualität in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen bestimmen, die auch ihren Niederschlag in gesetzlichen Regelungen finden sollten; diese sollten aber ein situationsangemessenes und flexibles Handeln nicht behindern.

Schließlich seinen noch einige Stellungnahmen aus den offenen Fragen zur Standardisierbarkeit oder Nicht-Standardisierbarkeit zitiert, die einen Eindruck von der Vielfältigkeit der Positionen vermitteln können.

So wird zum einen das Problem der Standardisierbarkeit im Kontext der politisch zu gestaltenden Rahmenbedingungen verortet:

Daneben werden zahlreiche konkrete Ideen geäußert:

Die Lektüre der beiden letzten hier zitierten Statements deutet schon an, wieso sich die Standarddiskussion in der FSA so schwierig gestaltet, da die hier benannten Inhalte überaus anspruchsvoll sind:

Auf die Frage, in welchen Bereichen der Arbeit mit geflüchteten Menschen Standards nicht sinnvoll seien bzw. wo eine Standardisierung nicht möglich sei, werden einige grundlegende Merkmale der Arbeit mit geflüchteten Menschen aufgegriffen und einige Missverständnisse bzgl. der Möglichkeit fokussiert, eindeutige Standards zu bestimmen:

Um nun noch einen Eindruck dessen zu bekommen, was an „Standards“ oder – etwas niedriger gehängt – an Voraussetzungen und Merkmalen der Arbeit mit geflüchteten Menschen bei den Trägern vor Ort vorhanden ist – und zwar bezogen sowohl auf Gegebenheiten im Hinblick auf die Zielgruppe der geflüchteten Menschen als auch auf die Fachkräfte der FSA selbst –, haben wir den Befragten eine längere Liste mit ausgewählten Items vorgelegt. Wir haben uns dabei auf vermeintlich einfach zu messende Merkmale beschränkt (Abb. 22).

Insgesamt zeigt Abbildung 22, dass auch 2023 die von unseren Befragten berichtete Wirklichkeit neben einer nahezu flächendeckenden Ausstattung mit einigen sozialarbeiterischen „Selbstverständlichkeiten“ (wie regelmäßige Erreichbarkeit, Sprechzeiten, Teamberatung) auch sehr vieles vermissen lässt, was man als Voraussetzungen – und in diesem Sinne als „Standards“ – einer professionellen Sozialen Arbeit mit Geflüchteten bezeichnen muss. Negativ formuliert ermangelt es immerhin rund 10% der Befragten an geeigneten Arbeitsmitteln, der Möglichkeit zu kollegialer Fallberatung, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten oder auch an fachlichem Austausch/Vernetzung. Bei rund 20% fehlen Räume für Einzelgespräche, eine Konzeption, Supervision und ein allein nutzbarer Arbeitsplatz.

Auf eine regelmäßige Evaluation oder ein Qualitätsmanagement müssen sogar über 40% der Befragten verzichten. Schließlich mangelt es auch deutlich an externen Beschwerdemöglichkeiten (für Klient*innen und insbesondere für Fachkräfte selbst).

Im Vergleich zum Befragungszeitpunkt 2020 haben die Häufigkeiten 2023 für vier Items relativ deutlich[17] zugenommen: für die Supervision, die klare Trennung zw. FSA und administrativen bzw. technischen Aufgaben, den externen Beschwerdemöglichkeit für Klient*innen und die spezielle Beratung und Versorgung für Menschen mit besonderen Bedarfen.

Lediglich beim Vorliegen verbindlicher Datenschutzregeln im Team ist der Wert mit 5% deutlich geringer als noch 2020.

Darüber hinaus lassen sich im Vergleich zu 2020 nur leichte bzw. keine Veränderungen feststellen. Man kann also hier von einer gewissen Konsolidierung sprechen, wenngleich viele eigentlichen Selbstverständlichkeiten vielerorts noch nicht selbstverständlich sind (Abb. 23).

Daneben haben wir 2023 in Bezug auf fünf zentrale Kompetenzen in der Arbeit mit geflüchteten Menschen nach dem Ausmaß gefragt, in dem diese als in der FSA vorhanden angesehen werden.

Dabei sind die Befragten zu jeweils 90% oder mehr davon überzeugt, „in hohem Maße“ oder „überwiegend“ über Beratungskompetenz und interkulturelle Kompetenz zu verfügen; gleichzeitig werden diese beiden Kompetenzen als die im Rahmen ihrer derzeitigen täglichen Arbeit wichtigsten Merkmale angesehen (Mittelwerte 1,2 bzw. 1,3 auf der 5er-Skala von 1 = sehr wichtig bis 5 = völlig unwichtig). Sozial- und asylrechtliche Kenntnisse und insbesondere ausreichende Sprachkenntnisse werden deutlich seltener, aber immer noch weit überwiegend als vorhanden eingeschätzt (Abb. 24).

Die Arbeit mit geflüchteten Menschen und damit „Integration“ kann nur gelingen, wenn eine sprachliche Verständigung möglich ist und wenn für die ankommenden Menschen eine adäquate (und menschenwürdige) Unterbringung möglich ist.

Diese beiden Aspekte sollen im Folgenden kurz von der Seite der vorhandenen Voraussetzungen betrachtet werden.

Zunächst wollten wir feststellen, über welche Sprachkompetenzen die Fachkräfte in der Arbeit mit Geflüchteten überhaupt von sich aus verfügen – welche Sprachen „flüssig“ gesprochen werden und in welchen zumindest Grundkenntnisse vorhanden sind. Dies geht aus den Abb. 25 und 26 hervor. Hier zeigt sich wie zu erwarten, dass die Beschäftigten in der FSA neben Deutsch und Englisch nur über recht wenige Sprachkompetenzen verfügen. Immerhin geben 54 Befragte an, Russisch fließend oder in Grundkenntnissen zu beherrschen. Und 22 Befragte verfügen über Grundkenntnisse in Arabisch. Dies dürfte aber – auch zusammen mit den sieben Personen mit „flüssiger“ Beherrschung der arabischen Sprache – kaum ausreichen, um die Anforderungen der täglichen Arbeit mit den Zielgruppen selbständig zu bewältigen. So geben nur neun Prozent der Befragten an, selbst über ausreichende Sprachkenntnisse zu verfügen (vgl. Abb. 27).

Zur Erinnerung: Bei der zu Beginn dieses Berichtes kurz angerissenen offenen Frage nach den aktuellen Problemen in der Arbeit mit geflüchteten Menschen sind Aussagen im Zusammenhang mit Sprache und Verständigung das vierthäufigste Thema.

Nachdem die erforderlichen Sprachkompetenzen – wie die obigen Übersichten zeigen – nur zu einem kleineren Teil für eine intensive sprachliche Verständigung ausreichen dürften, insbesondere mit Blick auf die häufigsten Herkunftsländer der Geflüchteten (vgl. Abschnitt 4.4), rückt natürlich die Möglichkeit auf Sprachmittler*innen zurückgreifen zu können in den Fokus (Abb. 27).

Dabei sind die Unterschiede zwischen den Ortsklassen in unserem Sample – überraschenderweise? – sehr gering, wenn zwischen den beiden Kategorien „Großstadt und Umfeld“ und „Kleinstadt und ländlicher Raum“ differenziert wird; hier sind die Unterschiede in den Häufigkeitsverteilungen kleiner als der Zufallsfehler. Lediglich die Befragten, die sich ausschließlich der Kategorie „Dorf/Land“ zuordnen, geben fast geschlossen an, dass sie nur selten oder gar nicht auf Sprachmittler*innen beim eigenen Träger zurückgreifen können. Allerdings handelt es sich dabei nur um sieben Personen, die Stichprobe ist also hier zu klein für weitere Interpretationen.

Abbildung 28 zeigt, dass hauptamtliche Sprachmittler*innen insgesamt in der Minderheit sind.

Auch bezüglich der Frage, inwieweit Angebote zur Sprachmittlung kostenfrei oder kostenpflichtig sind, ergeben sich wenig Unterschiede. Bei der Kategorie „gar keines“ sind aber wieder die Nachteile des ländlichen Raums (insbesondere Dorf) manifest.

Verfolgt man die Diskussionen im Sommer und Herbst 2023, so müsste man zu der Schlussfolgerung gelangen, die Situation bezüglich der Unterbringung geflüchteter Menschen sei längst nicht nur an ihre Grenzen gelangt, sondern weit darüber hinaus. Nur noch Katastrophenszenarios von (potenziell allen) Kommunen am Limit wechseln einander in (fast) allen Medien und politischen Stellungnahmen ab.

In der Tat erscheint die Unterbringungssituation auch schon in den Antworten unserer Befragten im Juni 2023 als sehr angespannt. Auf die Frage nach der derzeitigen Unterbringungssituation wählen mehr als die Hälfte der Befragten die Antwort, die Situation sei „nur noch schwer zu bewältigen“, allerdings wird die Antwort „gar nicht mehr zu bewältigen“ nur von 10% der Befragten gewählt. Bei zusammen 36% ist die Situation einigermaßen oder gut zu bewältigen (Abb. 30).

Der in den Mediendiskursen vermittelte Eindruck, die Situation sei überall im Land schon deutlich an ihre Grenzen gestoßen, erscheint also – bei aller Dramatik der Lage – zumindest etwas übertrieben.

Schließlich vermittelt die Abb. 31 auch Unterschiede in den Einschätzungen zwischen den großstädtischen und den Beschäftigten im kleinstädtisch-ländlichen Bereich: In Kleinstädten und auf dem Land zeigt sich die Unterbringungssituation etwas weniger angespannt als in den Großstädten und ihrem Umfeld.

Die Frage nach Veränderungen in der Unterbringungssituation der letzten beiden Jahre im Hinblick auf zentrale und dezentrale Unterbringung ergibt ein sehr uneinheitliches Bild ohne klare Tendenz (Abb. 32).

Allerdings lässt sich auf dem Land bzw. in Kleinstädten eine deutliche Tendenz zu mehr dezentraler Unterbringung, in den Großstädten hingegen zu mehr zentraler Unterbringung feststellen (Abb. 33).

In der Frage nach dem allgemeinen Wohnungsangebot in der Region zeigen sich allerdings wiederum deutliche Unterschiede zu den Vorbefragungen. Nur noch sechs Prozent sehen 2023 ausreichend preisgünstigen Wohnraum in ihrer Region, der Wert ist also auf ein Viertel gefallen. Und 66% sagen 2023, das Angebot sei äußerst beschränkt und zu teuer, 2020 waren das nur 39% (Abb. 34).

Bekanntermaßen ist die Lage in den Großstädten noch einmal zugespitzter (Abb. 35).

Was die Wohnungssituation für geflüchtete Menschen jenseits der völlig überhöhten Mietpreise besonders schwierig gestaltet, das ist schließlich die diskriminierende Haltung von Vermieter*innen: Sie weigern sich sehr häufig, an geflüchtete Menschen zu vermieten. Dies bestätigen unsere Befragten mit erschreckender Klarheit: Nur zusammen fünf Prozent berichten, diese Weigerung treffe selten oder gar nicht zu (Ann. 36).

In der Großstadt wird dies noch einmal deutlich häufiger beobachtet als in Kleinstädten und auf dem Land (Abb. 37).


In Sachsen ist nach 2015 – aufgrund der Forcierung durch die Landesregierung durch die o.g. Richtlinien – recht schnell ein ausgedehntes Arbeitsfeld zur Flüchtlingssozialarbeit entstanden. Dieses Feld ist nach wie vor im Fluss und bedarf der kontinuierlichen Nachjustierung.

2020 konnten wir in unserer ersten Wiederholungsbefragung noch feststellen, dass sich für die beiden Befragungszeiträume 2017 und 2020 auch hinsichtlich der Einschätzung der Arbeitsbedingungen erstaunlich konstante Ergebnisse zeigten.

Das hat sich nun verändert. Bei fünf der acht den Fachkräften vorgelegten und im Folgenden beschriebenen Items hat sich die Einschätzung merklich verschlechtert. Das gilt in Bezug auf die Angemessenheit der Personalschlüssel/Personalrelationen, die Vergütung, die Zeit für Dokumentationen und Berichte, für die Sachausstattung am Arbeitsplatz und auch für den persönlichen Freiraum bei der Arbeit.  Die Einschätzungen hinsichtlich der Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten und der verfügbaren Räumlichkeiten sind in etwa gleich geblieben, lediglich die Unterstützung durch die Leitung wird nun wieder geringfügig besser eingeschätzt als 2020.

Wir haben die Beschäftigten gebeten, die Stimmigkeit der – jeweils positiv formulierten – Aussagen zu den zentralen Aspekten ihres Arbeitsverhältnisses jeweils auf einer Ratingskala von 1 (= „trifft zu“) bis 4 (= „trifft nicht zu“) einzuschätzen. Die Abbildung 38 illustriert zunächst die Veränderungen in den Mittelwerten zwischen 2017 und 2020. Dabei gilt: je höher der Mittelwert, desto schlechter die Einschätzung. Dabei zeigen die meisten Kurven einen unverkennbaren Negativtrend, am deutlichsten bei den Personalschlüsseln, der Vergütung und der Zeit für Dokumentationen und Berichte.

In der Abb. 39 werden die Häufigkeiten aller Einschätzungen auf der genannten Viererskala wiedergegeben. Zunächst ist zu erkennen, dass der Freiraum bei der Arbeit und die Unterstützung durch die Leitung von allen Aspekten die beste Einschätzung erhalten. 46 bzw. 44% stimmen der positiv formulierten Aussage vorbehaltlos zu – dabei hat sich allerdings die Zustimmung zum Statement „Ich habe genügend Freiraum in meiner Arbeit“ seit 2020 um 12% reduziert.

Am anderen Ende der Skala ist zu erkennen, dass der Aussage „Der Personalschlüssel (bzw. die Personalsituation) ist völlig angemessen“ nur noch sieben Prozent vorbehaltlos zustimmen, während zusammen 70% meinen, dies träfe nicht oder eher nicht zu.

Während sich bei der Vergütung die Einschätzung zwischen 2017 und 2020 zunächst deutlich verbessert hatte, ist die Zustimmung zur Aussage „Die Vergütung ist sehr gut“ nun wieder deutlich, noch hinter den Wert von 2017 gefallen.

Zu erkennen ist auch, dass sich die Werte für die Aspekte „Sachausstattung“, „Zeit für Dokumentationen/Berichte“ und „Personalschlüssel“ seit 2017 kontinuierlich verschlechtert haben.

Vergleicht man diese Einschätzungen auf der Basis der Mittelwerte nach den unterschiedlichen Trägertypen, so liegen die frei-gemeinnützigen Träger beim Freiraum in der Arbeit, den Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten und der Unterstützung durch die Leitung in der Einschätzung vor den öffentlichen Trägern. Bei allen anderen Items sind die Unterschiede marginal, die öffentlichen Träger haben die Nase aber leicht vorn. Die Beschäftigten der privaten Träger schätzen den Freiraum bei der Arbeit, die Zeit für Dokumentationen und auch die Personalschlüssel oder -relationen am besten ein; dafür liegen sie bei der Vergütung und der Fort- und Weiterbildung deutlich hinter den beiden anderen Trägerarten (Abb. 40).

Werfen wir im Folgenden noch einen etwas detaillierteren Blick auf vier bedeutende Determinanten der Arbeitsbedingungen im Handlungsfeld der Flüchtlingssozialarbeit in Sachsen: Befristung, Stellenumfang, Bezahlung und Personalschlüssel.

Ein recht erfreulicher Trend lässt sich zunächst hinsichtlich des doch deutlich zurückgegangenen Anteils befristeter Arbeitsverträge vermuten: So steigt der Anteil unbefristeter Beschäftigungen innerhalb unseres Samples von 31% (2017) über 38% (2020) auf nun 56% (Abb. 41).

Hier liegen übrigens die öffentlichen weiterhin deutlich vor den freien Trägern: Bei den öffentlichen Trägern sind 2023 schon 62% der Arbeitsverträge unbefristet (2020: 47%; 2017: 36%); bei den freien liegt dieser Anteil mittlerweile bei 51% (2020: 30%; 2017: 26%[18]. Bei den privaten Trägern sind sogar 68% der Befragten unbefristet beschäftigt (Abb. 42).

Allerdings sind die Unterschiede zu etablierten Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit natürlich weiterhin enorm: So sind nach Lochner/Möller (2017: 48) im Bereich der Hilfen zur Erziehung bundesweit nur etwa zehn Prozent der Arbeitsverhältnisse befristet. Dies deutet einmal mehr darauf hin, dass das Feld der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen noch weit vom Status eines etablierten und gesicherten Arbeitsfeldes entfernt ist.

Nimmt man nur die Beschäftigten mit sozialem Abschluss aus unserem Sample, dann haben von diesen immerhin 62% einen unbefristeten Vertrag, bei den Beschäftigten ohne sozialen Abschluss sind das 49%.

2023 arbeiten 46% unserer Befragten in einer Vollzeitstelle[19]. Bei einer geringfügigen und uneinheitlichen Zunahme der Beschäftigungsverhältnisse mit höheren Stundenanteilen (30 Stunden und mehr) wird 2023 mit 46% annähernd wieder der Anteil der Vollzeitstellen von 2017 (48%) erreicht (Abb. 43 – 45).

Während nach Lochner/Möller (2017: 48) in den Hilfen zur Erziehung die Teilzeitquote bei 47% liegt, haben wir es in dem hier untersuchten Handlungsfeld der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen mit einer deutlich höheren Quote zu tun. 2023 sind 54% der Befragten in Teilzeit tätig, 2020 waren es noch 57% (2017: 52%).

Inwieweit das Arbeitsfeld der FSA insgesamt prädestiniert erscheint, einen (weiteren) Bereich prekärer Beschäftigungsverhältnisse in der Sozialen Arbeit zu generieren, lässt sich anhand der Daten noch nicht entscheiden. Geht man von der Idee eines Normalarbeitsverhältnisses (mit sozialversicherungspflichtiger, unbefristeter Vollzeitbeschäftigung) aus, so weisen die Abnahme der befristeten Beschäftigungen (vgl. Abschnitt 5.2) einerseits, der weiterhin hohe Anteil von Teilzeitbeschäftigten andererseits in unterschiedliche Richtungen.

Aus den Daten kann grob vereinfacht abgelesen werden, dass sich in diesem Handlungsfeld momentan „atypische“ und „reguläre“ Beschäftigungen in etwa die Waage halten. Ein Zusammenhang zwischen Befristung und Teilzeit ist aus den Daten nicht abzuleiten. Und atypisch bedeutet nicht zwangsläufig prekär, „da die Form der Tätigkeit gewünscht sein kann und nicht zwingend gesellschaftliche Desintegration befördert“ (Henn/Lochner/Meiner-Teubner 2017: 14).

Schließlich befindet sich das Arbeitsfeld der FSA nach seiner immensen Expansion vor sieben bis acht Jahren immer noch in der Konstituierungsphase, die zunächst in gewissem Grad zwangsläufig atypische Verhältnisse mit sich bringt. Allerdings sollte fach- und berufspolitisch in den kommenden Jahren darauf geachtet werden, dass die Entwicklung angemessener Arbeitsbedingungen – als Ausdruck gesellschaftlicher Anerkennung Sozialer Arbeit – mit der weiteren inhaltlichen Profilierung des Handlungsfeldes Schritt hält.

Vergleicht man die Vollzeitquoten zentraler Teilgruppen der Erhebung, dann ergeben sich doch deutliche Unterschiede: So sind 60% der Befragten bei öffentlichen Trägern in Vollzeit beschäftigt, bei freien Trägern nur 41%. Die meisten Vollzeitbeschäftigten sind im kleinstädtisch-ländlichen Bereich mit 65% angesiedelt, in den Großstädten arbeiten nur 32% unserer Befragten in Vollzeit.

Auf dem Dorf arbeiten praktisch alle Befragten in Vollzeit. Die jüngste Altersgruppe der 24 – 29 jährigen arbeitet im Mittel nur 31,9 h pro Woche in der FSA, die älteste Gruppe der über 50jährigen hingegen 37,4 h. Es gibt kaum Unterschiede im Umfang der Arbeitszeit zwischen Beschäftigten mit sozialem Abschluss und ohne: 47% der Beschäftigten mit sozialem Abschluss arbeiten in Vollzeit, bei den „nicht-sozialen“ Abschlüssen sind es 45%.

Der oben berichtete deutliche Rückgang der Zufriedenheit mit der Vergütung zwischen 2020 und 2023 mag vor allem einer subjektiven Wahrnehmung angesichts der enormen Inflation seit 2022 entspringen. In den Daten zum Einkommen sieht es für die Verhältnisse in der Sozialen Arbeit nicht so schlecht aus. Das Beschäftigungsfeld der Flüchtlingssozialarbeit scheint also zumindest im Hinblick auf die zu erzielenden Einkommen mit den etablierteren Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit mithalten zu können.

Wir haben in diesem Zusammenhang nach den Netto-Monatseinkommen gefragt, da diese trotz schwerer Vergleichbarkeit die Lebenswirklichkeit besser abbilden als die Bruttogehälter.

Der arithmetische Mittelwert der monatlichen de facto Nettoeinkommen liegt nach den Angaben unserer Befragten 2023 bei 2.040 Euro (Median: 2.000 Euro), 2020 waren es noch 1.797 Euro (Median: 1.800 Euro). 2017 lag der arithmetische Mittelwert der Netto-Einkommen noch bei 1.569 Euro (Median: 1.585 Euro).

Da aber nun wie gesehen ein beträchtlicher Teil der Beschäftigten nicht in Vollzeit arbeitet (vgl. Abb. 43ff), haben wir die angegebenen de facto Einkommen jeweils unter Berücksichtigung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden auf Vollzeiteinkommen hochgerechnet[20]. Somit erhalten wir – mit einer gewissen Unschärfe behaftete – fiktive Vollzeiteinkommen, die eine Vergleichbarkeit der Einkommen auf der Basis einer angenommenen 40-Stunden-Stelle zulassen.

Dieses fiktive Netto-Vollzeiteinkommen beläuft sich in der sächsischen FSA 2023 auf durchschnittlich 2.357 Euro, 2020 waren es noch durchschnittlich 2.178 Euro. Der Median liegt 2023 bei 2.300 Euro, 2020 bei 2.160 Euro.

Dies dürfte ziemlich gut den durchschnittlich in Sachsen im Bereich der Sozialen Arbeit zu erzielenden Einkommen für eine Vollzeitstelle entsprechen, vielleicht sogar etwas darüber liegen (was wiederum mit dem hohen Durchschnittsalter der in der FSA beschäftigten zusammenhängen dürfte). Das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen im Bereich der Sozialen Arbeit im Bundesland Sachsen schätzen wir auf der Basis der Daten des „Entgeltaltlas“ der Bundesagentur für Arbeit[21] bei einem Median von brutto 3.400 Euro auf netto etwa 2.200 Euro für eine ledige Person ohne Kind im Alter unseres Sample-Durchschnitts (41 Jahre)[22].

In der Abbildung 47 werden die beiden Werte des De-facto-Einkommens und des fiktiven Vollzeiteinkommens gegenübergestellt.

Vergleicht man wiederum wichtige Teilgruppen unseres Samples, so zeigen sich einige Besonderheiten (Abb. 48):

  • Die Lohndiskriminierung von Frauen ist zwar auch hier gegeben, allerdings ist der Abstand von männlichen zu weiblichen Gehältern relativ gering; Frauen erreichen 98% der männlichen Einkommen.
  • Öffentliche Träger zahlen deutlich besser als freie und private Träger, was mit der Tarifbindung im öffentlichen Dienst zusammenhängen dürfte.
  • Nach Ortsklassen ist die Bezahlung in den Großstädten am besten, in den Kleinstädten am schlechtesten.
  • Unbefristet Beschäftigte verdienen auch deutlich mehr als befristet Beschäftigte.
  • Beschäftigte mit sozialem Berufsabschluss verdienen – bezogen auf eine Vollzeitstelle – ca. 170 Euro netto mehr als Kolleg*innen ohne sozialen Abschluss.

Aufgrund der teilweise geringen Fallzahlen von weniger als 10 für manche Landkreise ist die folgende Übersicht (Abb. 49) mit großer Vorsicht zu interpretieren. Hier haben wir wiederum die fiktiven (auf eine Vollzeitstelle hochgerechneten) Einkommen abgebildet.

Eine wesentliche Determinante der Arbeitsbedingungen unserer Befragten ist natürlich der jeweilige Personalschlüssel[23], unter dem sie ihre Arbeit leisten müssen.

Wie oben (vgl. Abschnitt 5.1) bereits berichtet, erfährt der Personalschlüssel (bzw. die Personalsituation) von allen dort betrachteten Arbeitsmerkmalen die kritischste Einschätzung: 70% der Befragten halten die vorhandenen Personalrelationen für (eher) nicht angemessen.

Zunächst bleibt allerdings festzuhalten, dass 2023 von unseren 154 Befragten nur 61 (40%) angegeben haben, dass sie mit einem Personalschlüssel arbeiten, nur 51 Befragte konnten dazu genaue Angaben machen; 16 Befragte (10%) arbeiten nach dem Fachleistungsstundenprinzip[24], die restlichen 77 Personen (50%) haben angegeben „Weiß ich nicht“ bzw. „Trifft nicht zu“. Die folgenden Aussagen beziehen sich somit auf die Angaben der 51 Befragten, die explizit mit Personalschlüsseln arbeiten und diesen auch angeben konnten.

Der arithmetische Mittelwert der angegebenen Personalschlüssel (Ist-Stand) beträgt 2023 nach den Angaben unserer Befragten 1:114, das ist deutlich schlechter als 2017 und 2020, wo es noch 1:108 und 1:105 waren. Der höchste 2023 (von einem Einzelfall) angegebene Schlüssel liegt bei 1:400 (2020 war der höchste Einzelwert noch 1:200). Der Median – also der Wert, von dem aus die eine Hälfte der Stichprobe darunter und die andere Hälfte darüber liegt – beläuft sich 2023 auf 1:110. Am häufigsten (Modus) wird 2023 (vgl. Abb. 50) – wie schon in den beiden vorhergehenden Befragungen – der Wert 1:150 angegeben.

Schließlich liegt der Mittelwert des gewünschten, „idealen“ Personalschlüssels bei allen drei bisherigen Befragungen unverändert bei ungefähr 1:60, im Jahr 2023 genau genommen bei 1:59. Daraus lässt sich schließen, dass der Ideal-Wert von ca. 1:60 durchaus begründet ist und von den Beschäftigten mit einer deutlichen Kontinuität als Zielwert angesehen wird.

In der folgenden Abbildung 51 sind alle Einzelantworten zur Frage des de facto bestehenden und des „idealen“ Betreuungsschlüssels aufgeführt. Es sticht vor allem die breite Streuung der Antworten ins Auge.

Festzuhalten bleibt jedenfalls, dass mit den in der Praxis verbreiteten Personalschlüsseln zwischen 1:100 und 1:150 eine qualifizierte Soziale Arbeit mit Geflüchteten nur schwer möglich erscheint, wie betroffene Fachkräfte dies weit überwiegend in unterschiedlichsten Zusammenhängen betonen.

Um den zur Verfügung stehenden Zeitrahmen bei der Arbeit mit bestimmten (in der Praxis häufig vorkommenden) Personalschlüsseln zu verdeutlichen, sei hier nochmals auf unsere grobe Modellrechnung[25] verwiesen, die aufzeigt, wieviel Zeit pro Klient*in bei drei gängigen Schlüsseln zur Verfügung steht:

Zeit pro Klient*in:

  • Bei einem Schlüssel von 1:100 durchschnittlich 21 Min/Woche/Klient*in
  • Bei einem Schlüssel von 1:120 durchschnittlich 18 Min/Woche/Klient*in
  • Bei einem Schlüssel von 1:150 durchschnittlich 14 Min/Woche/Klient*in

Eingerechnet sind hier bereits pauschale Zeitspannen für Teamberatungen, Dokumentation, Weiterbildung/Supervision/Fachaustausch. Abgezogen werden müssen allerdings noch Fahrtzeiten, Wartezeiten bei Ämtern und Behörden sowie Zeit für Sprachmittlung (welche in der Beratung die Beratungszeit teilweise verdoppelt).

Vielfach geforderte Schlüssel von 1:50 (LAG Flüchtlings- und Migrationssozialarbeit Sachsen 2020) oder 1:80 (Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen 2017) werden faktisch nur in Ausnahmefällen erreicht. Entscheidend erscheint eine Differenzierung der Schlüssel nach besonderen Bedarfslagen der Klient*innen wie nach lokalen bzw. kommunalen Gegebenheiten, wie sie von Fachverbänden gefordert werden, in der Praxis in Sachsen aber bislang nur ansatzweise umgesetzt sind. Schließlich sollte auch die Frage geklärt sein, inwieweit der Personalschlüssel eine Mitfinanzierung von Leitung, Assistenz und Weiterbildung sowie finanzielle Bedarfe für Sachkosten impliziert.

Mit einer offenen Frage wurden die Teilnehmer*innen gebeten, „Anmerkungen zum Thema Personalschlüssel / Fachleistungsstunden“ zu machen. Diese Möglichkeit wurde rege genutzt. Um einen Eindruck von den Aussagen der Befragten zu vermitteln, werden exemplarische Statements im Folgenden zu sieben thematischen Bereichen geordnet, zu denen dann jeweils einige Aussagen im O-Ton wiedergegeben werden.

Die tatsächliche Höhe des Personalschlüssels ist mehreren Fällen nicht bekannt, liegt aber bei weitem über den Aushandlungen mit dem öffentlichen Träger. In der Realität beträgt er wohl 1:200 bis 1:300.

Beispielsweise für einen Schlüssel von 1:167 gibt eine befragte Person an, dass die Anliegen der Adressat*innen und die vom öffentlichen Träger geforderte Dokumentation nicht innerhalb der Arbeitszeit bearbeitet und erledigt werden können. Die Folge ist die Akkumulation von Überstunden und gravierender Stress. Wenn zusätzlich noch Urlaubsvertretungen für Kolleg*innen übernommen werden müssen und der Schlüssel sich damit de facto verdoppelt, ist eine Erledigung der Aufgaben nahezu unmöglich.

Oft gibt es auch keinen festen Personalschlüssel. An einem Ort stieg er zuletzt von 1:80 auf 1:150 und liegt nun noch höher, da Personal gekürzt wurde obwohl die Anzahl der Klient*innen nicht gesunken ist. Erschwerend kommt hinzu, dass Personen mit weniger Unterstützungsbedarf an diesem Ort nun keinen Anspruch mehr auf die Unterstützung durch die FSA haben und damit keine Klient*innen mehr sind. Damit haben die Sozialarbeiter*innen nun mehr Fälle, die insgesamt auch alle höheren Unterstützungsbedarf haben und damit intensivere Arbeit erfordern.

Es gibt bei mehreren der Antwortenden keinen festen Personalschlüssel – dieser ist immer abhängig von der Zahl der Adressat*innen, die gerade zu begleiten sind. Bei steigenden wie sinkenden Zuweisungszahlen werden die Schlüssel der Sozialarbeiter*innen aber nicht angepasst, da eine konkrete Anzahl an Stellen bei Vertragsschließung ausgehandelt wurde, welche nicht angepasst wird.

Eine Person gibt an, dass es durch Kürzungen nun weniger Sozialarbeiter*innen, aber aufgrund der steigenden Fluchtmigration mehr Klient*innen gibt.

In Anbetracht der Dynamik in den Zuweisungen und der Arbeit mit Personen mit Beeinträchtigungen wäre ein niedrigerer Schlüssel eine bessere Ausgangsbasis (um Spitzen gut abfedern zu können).

Die eigentlichen Inhalte Sozialer Arbeit mit den Asylsuchenden können nicht umgesetzt werden, da für die Anzahl der Klient*innen mit dem bestehenden Personalschlüssel nur Unterstützung für die notwendigsten Anträge zu leisten ist. Die Qualität, die angestrebt und auch erwartet wird, kann mit dem aktuellen Personalschlüssel nicht erfüllt werden.

Aus Zeitgründen können nur die bürokratischen Anliegen bearbeitet werden, Beziehungsarbeit als ein Kernpunkt Sozialer Arbeit ist nicht zu leisten. Auch werden Personen, die sich nicht aktiv an die Sozialarbeiter*innen wenden, nicht unterstützt, da deren Probleme nicht gesehen werden können, wenn aus Zeitmangel nur Sprechstunden angeboten werden können.

Aktuell ist die Unterstützung bei der Wohnungssuche ein zentrales Anliegen der Klient*innen. Da die Berater*innen keine Kapazitäten für die aufwendige Wohnungssuche haben, müssen die Klient*innen länger als nötig in der Gemeinschaftsunterkunft wohnen.

Mit einem besseren Schlüssel könnten die Bewohner*innen aktiv, nachhaltiger und erfolgreicher in ihrem persönlichen Integrationsprozess unterstützt werden. Aktuell können die Sozialarbeiter*innen die Probleme mit den Klient*innen nicht wirklich angehen, sondern nur „verwalten“, d.h. auf Krisen reagieren sowie bei der Reaktion auf Forderungen durch Behörden unterstützen.

Für die Arbeit würde dringend mehr qualifiziertes Personal benötigt, welches aber schwer zu finden ist. Die Rahmenbedingungen der Tätigkeit in der FSA sind so unattraktiv, dass sich keine gut ausgebildeten Fachkräfte für diese Arbeit interessieren. Ein wichtiger Grund ist die schlechte Bezahlung für eine so anspruchsvolle und anstrengende Arbeit.

In manchen Teams sind die Räumlichkeiten des Trägers ausgereizt und geben keine Möglichkeit für die Einrichtung zusätzlicher Arbeitsplätze her.

An einem Ort wird der Schlüssel davon beeinflusst, ob die Klient*innen viel oder wenig Unterstützungsbedarf haben. (Wie dieser Bedarf ermittelt wird, wird nicht angegeben).

In Leipzig ist der Personalschlüssel für Personen, die mit Menschen im Asylverfahren und mit Duldung arbeiten bei 1:50, für die Arbeit mit Menschen, die einen Aufenthaltstitel haben und Leistungen nach SGB II oder XII beziehen liegt er bei 1:100.

Die Annahme, dass Personen mit einem Aufenthaltstitel kaum noch Unterstützung benötigen, ist ein Trugschluss, da der rechtliche Status der Geflüchteten nicht angemessen den Unterstützungsbedarf widerspiegelt. Der Wechsel von AsylblG zum Jobcenter als Leistungsträger ist künstlich gesetzt und bedeutet nicht, dass die Klient*innen von einem Tag auf den anderen über mehr Wissen und Autonomie verfügen.

In der Praxis erhalten viele Personen mittlerweile bereits kurz nach ihrer Zuweisung in eine Gemeinschaftsunterkunft oder gar noch in der Erstaufnahme ihren positiven Bescheid vom BAMF. Aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse und zur Orientierung brauchen sie dennoch unbedingt Unterstützung. Ukrainische Geflüchtete kommen beispielsweise direkt mit ihrer Ankunft in den SGB II Leistungsbezug. Bei einem Personalschlüssel von 1:100 sind das Ausfüllen der Erstanträge und das Begreiflichmachen der Bürokratie nicht zu leisten. Auch ist für Personen mit positivem Bescheid oft der Familiennachzug ein nächster wichtiger Schritt – die Unterstützung in diesem Prozess ist für Sozialarbeiter*innen sehr zeitintensiv.

Manche öffentliche Träger fordern eine vorrangige Beratung der Geflüchteten, die neu zugewiesen werden. In der Realität haben natürlich auch Menschen, die schon länger in Deutschland sind, Beratungs- und Unterstützungsbedarfe. Die Berater*innen führen diese Beratungen also zusätzlich durch in dem Wissen, dass es vor Ort oder in erreichbarer Nähe keine weiteren Beratungsangebote gibt.

Viele der Antwortenden wissen nicht, welcher Personalschlüssel die Grundlage ihrer Arbeit ist (vgl. oben) oder wie dieser vom öffentlichen Träger berechnet wird. Sie beraten einfach alle Personen, die in die offene Beratungszeit kommen.

Das Fachleistungsprinzip (wie es in Dresden umgesetzt wird), schränkt nach Meinung mehrerer Befragter die Soziale Arbeit ein und ist sehr ineffizient. Mehrere Antwortende sprechen sich für eine Abschaffung aus.

Nach dem Fachleistungsprinzip sind die Fachleistungsstunden besser finanziert als Stunden für die offene Beratung. Das kann zu einem erhöhten Druck für die Mitarbeitenden führen, mehr Fachleistungsstunden als offene Beratungsstunden durchzuführen, damit der Träger sein vereinbartes Stundenkontingent erreicht.

Das Fachleistungsprinzip hat für die Praktiker*innen keinen Nutzen. Es schränkt im Gegenteil die Möglichkeiten sozialarbeiterischer Unterstützung extrem ein. Das System ist zu unflexibel, um den Bedürfnissen von Menschen mit großem Unterstützungsbedarf / in Multiproblemlagen gerecht zu werden. Es ist eher auf diejenigen zugeschnitten, die „gut mitarbeiten“. Oft unterzeichnen Klient*innen die Vereinbarungen, ohne die volle Tragweite zu begreifen, was erheblichen Druck erzeugt.

Die Lebenssituation der Ratsuchenden ist zu dynamisch, um über einen Zeitraum von einem Jahr im Voraus zu planen, an welchen Themen gearbeitet werden muss.

Unmittelbare Folge zu knapper Personalschlüssel sind natürlich vielfältige Überlastungen der Beschäftigten. Mit der Frage „Wie schätzen Sie alles in allem die gegenwärtige Belastungssituation in der Arbeit mit geflüchteten Menschen ein?“ wollten wir zunächst einen Überblick über die Lage im Juni 2023 gewinnen. Und in der Tat: Die größte Gruppe mit 44% der Antworten sagt „Die Belastung ist grenzwertig“, weitere 14% sehen sich gar als „völlig überlastet“ an (Abb. 52).

Differenziert man die Antworten nach Art des Trägers (Abb. 53), so zeigt sich, dass sich insbesondere die öffentlichen Träger an den Belastungsgrenzen und darüber sehen: bei 52% ist die Belastung grenzwertig, bei 19% herrscht gar völlige Überlastung. Wenn nur noch zusammen 12% die Situation gut oder mit Einschränkungen bewältigen können, dann herrscht hier dringender Handlungsbedarf, auch wenn die Situation bei den freien und insbesondere den privaten Trägern doch etwas besser eingeschätzt wird.

Wenn man grob nach Ortklassen differenziert, dann ergibt sich ein moderater Unterschied dahingehend, dass die Belastungssituation im kleinstädtischen/ländlichen Raum etwas größer empfunden wird, als in den Großstädten und ihrem Umfeld; die Quote derer, die sich „völlig überlastet“ sehen, liegt in Kleinstädten und Dörfern mit 18% über der in den Großstädten (10%).

Schließlich wollten wir den Befragten Gelegenheit geben, Überlastungsgründe oder -situationen zu benennen und ggf. ausführlicher darzustellen. Die folgende Übersicht der Antworten auf die offen gestellte Frage „Gibt es Aufgaben oder Tätigkeiten, bei denen es in besonderem Maße zu Überlastung kommt?“ (Abb. 54) veranschaulicht zum einen noch einmal die Vielfältigkeit des Aufgabenspektrums in der Arbeit mit geflüchteten Menschen. Zum anderen zeigt die folgende Übersicht diejenigen Kontexte auf, in denen Belastungsgrenzen typischerweise überschritten werden.

Über 100 Befragte haben hierzu – sehr unterschiedlich ausführliche – Antworten eingetragen. Da in zahlreichen Antworten auf mehrere thematische Aspekte gleichzeitig Bezug genommen wird, konnten wir ca. 210 Einzelantworten identifizieren, die im folgenden Überblick thematischen Antwortclustern zugeordnet sind.

Anschließend werden einige interessante exemplarische Antworten zu den am häufigsten thematisierten Problembereichen wiedergegeben.

Abb. 54: “Gibt es Aufgaben oder Tätigkeiten, bei denen es in besonderem Maße zu Überlastung kommt?”

Knapp 100 Anmerkungen lassen sich den drei häufigsten thematischen Bereichen zuordnen:


Am häufigsten berichtet (jeweils ca. 28 – 33 Antworten) werden Überlastungen…

  • aufgrund problembelasteter Zielgruppen,
    dabei vorwiegend Personen mit Behinderung/Krankheit/Traumatisierung, aber auch große Familien und Angehöriger bestimmter Nationalitäten (z.B. mit besonderen Sprachproblemen)
  • aufgrund der Probleme bei Unterbringung und Wohnungssuche,
  • im Zusammenhang mit der medizinischen Versorgung der Klientinnen, dabei geht es weit überwiegend um die zeit- und nervenraubende Suche nach Ärzten, aber auch um den Bedarf an psychologischer Unterstützung

Regelmäßig (jeweils über 10 – 20 Antworten) kommt es offenbar auch zu Überlastungen…

  • im Umgang mit Behörden,
    dabei werden überwiegend lange Wartezeiten, die lange Dauer der Bearbeitung und schlechte Erreichbarkeit thematisiert, aber auch der generelle Umgang mit Behörden angesichts von Ignoranz, Fehlern und „Steinen, die uns in den Weg gelegt werden“
  • aufgrund von eklatantem Personal- oder Ressourcenmangel
  • bei der Suche bzw. Organisation benötigter Infrastruktur (Sprach- und Integrationskurse, Kitaplätze u.a.)
  • wegen der ausufernden Dokumentations- und Berichtspflichten
  • wegen der Bürokratie bei Anträgen für Klientinnen.

Gelegentlich (jeweils 5 – 10 Nennungen) wirken die folgenden Aspekte überlastend:

  • Konflikte und Krisensituationen der Zielgruppen
  • Neuzuweisungen
  • Vor Ort-Termine, Begleitung, Hausbesuche
  • die Gestaltung des Übergangs von Klient*innen in andere Ämter
  • das Fachleistungsstundensystem

Daneben werden vereinzelt weitere Aspekte berichtet, aufgrund derer es zu Überlastungen kommt

Doch wie beschreiben die Befragten ihre Überlastungssituationen? Hier nun einige Originalzitate aus der offenen Frage:

Zum Thema Kooperation und Austausch wollten wir von unseren Befragten zum einen wissen, wie gut die Kooperation mit den unterschiedlichen Akteuren im Kontext der Flüchtlingssozialarbeit funktioniert. Zum anderen geht es um die Möglichkeiten zum Austausch mit Kolleg*innen in- und außerhalb des eigenen Trägers/der eigenen Kommune. Und schließlich wollten wir – im eigenen Interesse – wissen, inwieweit in diesem Zusammenhang eine Landesfachstelle FSA/MSA in Sachsen für sinnvoll angesehen wird und über welche Kanäle die Fachkräfte sich Kommunikation wünschen.

Zur Bewertung der Qualität der Kooperation im Kontext der eigenen Arbeit in der FSA haben wir wiederum eine längere Liste mit allen wichtigen potenziellen Akteuren vorgelegt.

In aller Kürze fällt dabei zunächst wenig überraschend auf, dass man am besten mit den eigenen Kolleg*innen bzw. den Kolleg*innen bei anderen Trägern kommuniziert. Dass die Kommunikation mit den eigenen Kolleg*innen ganz oben steht, war zu erwarten. Dennoch scheint das eindeutige Ergebnis, dass nur vier Prozent hier eine mittelmäßige Qualität der Kooperation sehen und gar nur ein Prozent eine schlechte Qualität, doch ziemlich beruhigend. Auch mit Schulen, ehrenamtlichen Helfer*innen und über institutionalisierte Kooperationsebenen wie Netzwerke läuft es offenbar weitgehend problemlos.

Auf der anderen Seite kristallisieren sich einige Akteure heraus, bei denen weniger als die Hälfte der Befragten[26] mit „sehr gut“ oder „gut“ antwortet: Diese schwierigen Kommunikationspartner sind: Die Flüchtlingsambulanzen, die Sozialämter, die Jobcenter/Arbeitsagenturen, Akteure der Kommunalpolitik, die Ausländerbehörden, Ärzte und Ärztinnen und ganz am Ende der Skala das BAMF, mit dem nur 21% die Kommunikation als „gut“ oder „sehr gut“ einschätzen (Abb. 55). Ausländerbehörden und das BAMF stehen in unseren Befragungen hingegen regelmäßig auf den letzten Plätzen, was schon durch deren ganz andere Handlungslogik und deren Ziele, die von den Zielen einer (ggf. „menschenrechtsbasierten“) Sozialen Arbeit stark abweichen, zu erklären sein dürfte. Individuelle Kommunikationsprobleme sind dann zu einem guten Teil eine logische Konsequenz der Systemlogik, nach der diese Institutionen funktionieren.

In einer offenen Frage fragten wir, ob es daneben weitere für die Beschäftigten wichtige Kooperationspartner*innen gibt und welche:

  • Sehr wichtig ist den Fachkräften die Kooperation mit Akteur*innen aus dem Gesundheitsbereich wie z.B. stationäre und ambulante Pflege, Krankenkassen, Psychiatrien (Verbund gemeindenahe Psychiatrien, PSZ bzw. Dachverband der psychosozialen Zentren für Menschen mit Fluchterfahrung: BAfF (Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge & Folteropfer)), und insbesondere auch dem Behindertenverband und „sehr wichtige Kooperationspartner*innen sind EUTBs (“da in unserer GU viele Personen mit Einschränkungen & chronischen Erkrankungen leben”).
  • Im Allgemeinen sind Wohlfahrtsverbände, lokale soziale Träger und ASD wichtige Partner*innen. Vor allem sozialraumbezogen sind das konkret dann einerseits kulturelle Einrichtungen wie Bibliotheken und künstlerischen Einrichtungen sowie andererseits Akteure von Nachbarschaftsprojekten in der unmittelbaren Umgebung, und soziokulturelle Einrichtungen wie Jugendclub resp. soziokulturelles Zentren, Vereine mit Bildungs- und Begegnungsmöglichkeiten für spezielle Zielgruppen wie z.B. Frauentreff sowie Kirchgemeinden. Auch Sportvereine werden von den Fachkräften benannt.
  • Schulen sind generell wichtig Kooperationspartner. Allerdings ist „die Zusammenarbeit mit den Schulen […] sehr unterschiedlich und hängt häufig von Schulsozialpädagogen ab.“
  • Im Bereich Rechtsberatung ist es der Opferschutz der Polizei (besonders in Fällen häuslicher Gewalt) sowie die Refugee Law Clinic und weitere im Asylrecht kompetente und engagierte Vereine.
  • Wichtig ist auch die Zusammenarbeit mit der Verwaltung, insbesondere in Meldeangelegenheiten (Meldeamt, Standesamt, Elterngeldstelle, Schwerbehindertenstelle, LASUB), aber auch mit lokalen Sozial-Koordinator*innen („sind sehr gute Kontakte entstanden“) bis hin zu Botschaften und Konsulaten. Ein guter Kontakt zur Familien- und Rentenkasse ist förderlich.
  • Kompetente Ansprechpartner*innen in Wohnungsbaugesellschaften, bei örtlichen Krankenkassen, Sparkassen, „sämtlichen Vertragspartnern (Mobilfunk, Internet, Fernsehen, online shopping, Vermieter, Versicherungen)“, Inkasso Unternehmen werden benötigt und geschätzt.

Schließlich wurde gefragt „Gibt es darüber hinaus wünschenswerte Kooperationspartner*innen, die für Ihre tägliche Arbeit wichtig wären, zu denen aber bisher kein Kooperationsverhältnis besteht?“

  • Als wünschenswert wird hier in einigen Fällen eine (intensivere/bessere) Kooperation mit Arbeitgebern resp. Ausbildungsstellen in der Region, IHK, Hochschulen, oder auch dem Jobcenter genannt – für letzteres wären direkte Ansprechpartner*innen gewünscht, mittels derer das Kommunikationshindernis Telefonwarteschlange umgangen werden könnte.
  • Im Gesundheitsbereich werden in einem Fall Krankenhäuser benannt. So benötige der Landkreis bzw. die Stadt Zwickau „DRINGEND eine Flüchtlingsambulanz“.
  • Insbesondere sei eine unabhängige Beschwerdestelle für Geflüchtete einzurichten. Weitere Angebote der politischen oder rechtlichen Interessensvertretung werden gewünscht und dafür eine Kooperation mit Antidiskriminierungsbüro Sachsen e.V., unabhängiger Rechtsberatung, Ausländerbeauftragten (die z.T. in den Landkreisen nicht vorhanden sind), Ehrenamtskoordination (nie zu erreichen), Jugendhilferechtsverein (ist bereits angefragt) avisiert. Benannt werden auch eine Schuldnerberatung für Personen, die keinen Aufenthaltstitel haben, die Familienkasse, Sportvereine, Vermieter.

Als eine zentrale Aufgabe unserer Landesfachstelle FSA/MSA in Sachsen sehen wir es an, den fachlichen Austausch im Handlungsfeld zu ermöglichen und zu fördern, da dies bei vielen Gelegenheiten immer wieder eingefordert wird.

Die Antworten zu den beiden Fragen nach den vorhandenen Möglichkeiten zum Austausch mit Kolleg*innen in- und außerhalb des eigenen Trägers/der eigenen Kommune (Abb. 56) zeigt nun, dass zwar überwiegend hier offenbar wenig Defizite gesehen werden, dass allerdings eine starke Minderheit (zusammen 28%) den Austausch mit Kolleg*innen außerhalb des eigenen Trägern/der eigenen Kommune für weniger ausreichend oder völlig unzureichend hält. Der größte Anteil von 35% sieht die vorhandenen Möglichkeiten nur teilweise als ausreichend an.

Beim Austausch mit Kolleg*innen innerhalb des eigenen Trägers oder der eigenen Kommunen sind hingegen 56% davon überzeugt, die Möglichkeiten seien überwiegend oder völlig ausreichend.


Ein wesentlicher Aspekt der Rahmenbedingungen der Flüchtlingssozialarbeit bezieht sich auf das soziale Klima im Land hinsichtlich des Themas Migration, das diesen Überblick über ausgewählte Ergebnisse abschließen soll. Gerade in Sachsen, mit seinen unzähligen Übergriffen gegen migrantisch gelesenen Personen und zuletzt einschlägigen Wahlergebnissen, sollte der Frage nach der „Stimmung“ in der Bevölkerung ein besonderes Augenmerk zukommen.

Wir haben die im Kontext der FSA Beschäftigten seit 2017 zunächst immer gefragt, inwieweit sie Wertschätzung und Akzeptanz von Seiten der einheimischen Bevölkerung erfahren. Das Ergebnis war für die schwierige und aufreibende Tätigkeit sicherlich 2017 schon desillusionierend. Die Situation hat sich aber seither kontinuierlich verschlechtert: Haben 2017 noch zusammen 52% berichtet, dass sie „sehr häufig“ oder „eher häufig“ Wertschätzung von Seiten der einheimischen Bevölkerung erfahren haben, waren dies 2020 noch 38 % und sind es 2023 nur noch 35%. (Abb. 57).

Die Darstellung zur Frage nach rassistischen / fremdenfeindlichen Reaktionen von Seiten der einheimischen Bevölkerung gegenüber geflüchteten Menschen (Abb. 58) zeigt auf, dass solche Verhaltensweisen zunächst bis 2020 offenbar noch deutlich zugenommen hatten – von 46% „häufiger“ oder „sehr häufiger“ rassistischen Anfeindungen auf 59% im Jahr 2020. 2023 haben sich diese Zahlen bei nun 56% stabilisiert. Dabei sind nur die „sehr häufigen“ Anfeindungen um drei Prozent zurückgegangen (was innerhalb des Standardfehlers liegt). Diese Zahlen bestätigen die allgemeine Beobachtung einer zunehmenden Aggressivität und Verrohung auf der – in Sachsen überproportional großen – rechten Flanke des politischen Spektrums.

Wenn also insgesamt ca. 90 % der Befragten – mehr oder weniger häufig – solchen alltäglichen Rassismus gegenüber geflüchteten Menschen wahrnehmen, dann erscheint das eines zivilisierten Landes unwürdig.

Insofern vermag es auch nicht zu beruhigen, dass „nur“ 15% (2020: 17%; 2017: 8%) der Sozialarbeiter*innen bzw. Betreuer*innen (eher) häufig solche Reaktionen persönlich erdulden mussten, wie aus der Abb. 59 hervorgeht. Auch hat hier der Anteil derer, die mit solchen persönlichen Anfeindungen sehr selten / nie konfrontiert sind, dramatisch abgenommen. Nur 35% der Befragten (und damit 7% mehr als 2020) können sagen, dass dies „sehr selten/nie“ der Fall sei.

Schließlich hat sich auch Negativtrend bei der folgenden Frage stabilisiert: Auch die in den Institutionen bzw. Ämtern und Behörden mit dem Thema Flüchtlingssozialarbeit befassten Akteure sind nicht vor fremdenfeindlichen Tendenzen gewappnet. Der tägliche professionelle Umgang mit der Flucht- und Migrationsproblematik schützt offenbar 2023 genauso wenig vor rassistischen Weltbildern als noch vor drei Jahren: nach wie sind es zusammen 45 % der Befragten, die über „eher“ oder „sehr“ häufige rassistische Reaktionen von dieser Seite berichten. 2017 waren es noch 36% (Abb. 60).

Die Diskriminierung Geflüchteter projiziert sich natürlich auf prekäre Rahmenbedingungen der FSA; Vorbehalte und Ablehnung gegenüber geflüchteten Menschen – auch auf der Ebene der zuständigen Exekutive – erschweren die professionelle Arbeit vor Ort.

Doch auch von Seiten der Kolleg*innen in der Flüchtlingssozialarbeit/Betreuung gibt es rassistische Reaktionen. Immerhin neun Prozent der Befragten nehmen diese „eher häufig“ wahr, nur 66% sehr selten oder gar nicht (Abb. 61).

Lediglich von Seiten der ehrenamtlichen Helfer*innen kommen rassistische Reaktionen nur zu drei Prozent „eher häufig“ vor, bei 63% sehr selten/nie. Diese Zahlen sind seit 2017 praktisch identisch.

Doch wie schlagen sich diese Erfahrungen nun im emotionalen Haushalt derjenigen nieder, die sich vor dem Hintergrund dieser zu einem beträchtlichen Teil feindseligen Umwelt für die geflüchteten Menschen einsetzen?

Der einzige einigermaßen positive Trend in diesem Zusammenhang: Wie aus der Abb. 62 hervorgeht, haben 2023 zusammen „nur“ noch 12% der Befragten „sehr“ oder „eher“ persönlich Angst vor Übergriffen oder Anfeindungen. Das waren 2020 noch 17%.

Dennoch: Wenn nur ziemlich genau die Hälfte der Beschäftigten im Handlungsfeld (51%) sagen können, sie hätten bei der Ausübung ihres Berufes gar keine Angst vor Übergriffen, dann ist das in keiner Weise ein gutes Ergebnis, auch wenn sich dieser Anteil seit 2020 um 13% erhöht hat. Vielleicht hat hier ein gewisser Gewöhnungseffekt eingesetzt?

Schließlich wollten wir wissen, inwieweit sich die Erfahrungen der befragten Fachkräfte bzgl. Wertschätzung und Anfeindungen zwischen dem großstädtischen Bereich bzw. Umfeld und dem ländlichen Raum (einschließlich Kleinstädten) unterscheiden. Die Abb. 63 zeigt teilweise geringe, teilweise doch deutlich Unterschiede:

Das großstädtische Umfeld bringt offenbar mit sich, dass die dort beschäftigten Fachkräfte doch deutlich häufiger Wertschätzung von Seiten der „einheimischen Bevölkerung“ erfahren als auf dem Land. Andererseits werden rassistische bzw. fremdenfeindliche Reaktionen von Seiten der einheimischen Bevölkerung gegenüber geflüchteten Menschen von den Befragten aus der Großstadt mit 64% ebenfalls deutlich häufiger berichtet. Vielleicht lässt sich dies durch das stärkere Ausmaß sozialer Kontrolle auf dem Land erklären, das es ggf. erschwert, in entsprechender Weise ausfällig zu werden. Dies würde aber nur bedeuten, dass Hass und Wut aufgrund dieser sozialen Kontrolle eher mal unterdrückt werden. Dabei vermag es auch nicht zu beruhigen, dass in Frage stehende Anfeindungen von Seiten der Kolleg*innen der FSA und der ehrenamtlichen Helfer*innen sich jeweils im einstelligen Bereich bewegen.

Interessanterweise wird auch von Rassismus mit entsprechenden Reaktionen von Seiten der Akteure in den beteiligten Institutionen im großstädtischen Raum mit 50% deutlich häufiger berichtet als auf dem Land (mit 33%). Die persönliche Angst vor Übergriffen ist der Großstadt und auf dem Land (mit jeweils 11%) gleich hoch.

Einige weitere Ergebnisse aus dem Vergleich zwischen Teilgruppen sollen noch in Stichworten angefügt werden:

  • Weibliche Befragte erfahren zu 38% Wertschätzung, männliche Befrage nur zu 29%.
  • Beschäftigte mit sozialem Abschluss erfahren zu 28% Wertschätzung, mit anderem Abschluss sind es 42%.
  • Beschäftigte öffentlicher Träger sagen zu 53%, dass sie Rassismus gegenüber Geflüchteten erleben, bei den freien Trägern sagen das 63%, bei den privaten Trägern 35%.
  • Befragte mit sozialem Abschluss nehmen zu 61% Rassismus gegenüber Geflüchteten wahr, ihre Kolleg*innen mit anderem Abschluss nur zu 50%.
  • Frauen nehmen Rassismus gegenüber Geflüchteten zu 61% wahr, männliche Beschäftigte zu 44%.
  • Rassismus und Anfeindungen gegenüber Sozialarbeiter*innen/Betreuer*innen nehmen Frauen zu 13%, Männer zu 21% wahr.
  • Fremdenfeindliche Reaktionen von Seiten der Akteure der beteiligten Institutionen nehmen Frauen zu 49% (sehr oder eher häufig) wahr, Männer zu 34%;
  • Frauen haben nur zu 48% „sehr selten/nie“ persönlich Angst vor Übergriffen, Männer zu 60%.

Natürlich muss noch einmal darauf verwiesen werden, dass die in diesem Abschnitt geschilderten Eindrücke subjektive Einschätzungen unserer Befragten sind, keine Erhebung der tatsächlichen Situation. Entsprechende Wahrnehmungen von Rassismus, Übergriffen oder Bedrohungen hängen natürlich vor allem auch mit der Sensibilität der Wahrnehmung zusammen.

Dennoch: Um es abschließend auf eine rhetorische Frage zuzuspitzen: In welchem Handlungsfeld bewegen wir uns eigentlich, wenn in diesem Bundesland lediglich 51% der Befragten, die sich die Unterstützung für hilfebedürftige Menschen auf der Flucht zu ihrer beruflichen Aufgabe gemacht haben, gänzlich angstfrei zur Arbeit gehen können? Und wie mögen sich erst die geflüchteten Menschen fühlen, die um ein Vielfaches häufiger solchen Übergriffen und Anfeindungen ausgesetzt sind?

Die noch vor einigen Jahren vielbeschworene „Willkommenskultur“ sieht anders aus – vielleicht kann die Soziale Arbeit im Handlungsfeld Flucht künftig noch mehr dazu beitragen, dass sich hier langfristig wieder Menschlichkeit und Solidarität anstelle von Ablehnung und Rassismus breitmachen. Im Herbst 2023 sieht es aber leider nicht danach aus.


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  • Schilling, Ruth (2017): Welche Standards benötigt und wie viel Standardisierung verträgt Flüchtlingssozialarbeit? Eine dialektische Erörterung der Standardisierungsanforderungen der Flüchtlingssozialarbeit. Dresden (Masterarbeit an der EHS Dresden).
  • Schnell, Rainer (2019): Survey-Interviews. Methoden standardisierter Befragungen. 2. Aufl. Wiesbaden: Springer VS.

[1] Richtlinie Soziale Betreuung Flüchtlinge vom 5. Juni 2018 (SächsABl. S. 783), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 23. November 2021 (SächsABl. SDr. S. S 230) (https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/17735; 22.4.2022);

Richtlinie Integrative Maßnahmen vom 10. März 2020 (SächsABl. S. 259), enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 23. November 2021 (SächsABl. SDr. S. S 230) ((https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/18616; 22.4.2022).

[2] Vgl. die ausführlichen Sachstandsberichte der wissenschaftlichen Begleitung; Gemende et al. 2017, Gemende et al. 2018 , Gemende et.al. 2020 und Wagner et.al. 2022.

[3] Da nicht alle Befragten alle Fragen beantwortet haben, ist die den im Folgenden referierten Prozentangaben zugrundeliegende Anzahl der Befragten meist jedoch geringer als 155.

[4] Ergänzt wurde dies durch weitere Recherchewege, so etwa über online zugängliche Quellen und über persönliche Kontakte.

[5] Mitteilung der Landeshauptstadt Dresden vom 17.04.2019 zum „Fachplan Asyl und Integration 2022“. [https://www.dresden.de/de/rathaus/aktuelles/pressemitteilungen/archiv/2019/04/pm_060.php; 15.2.2022]

[6] Während sich 2020 zwei Personen der diversen Geschlechterdefinition zuordneten, haben wir 2023 – wie schon 2018 – ausschließlich weibliche oder männliche Geschlechtszuordnungen.

[7] Wir haben dazu die am häufigsten verwendeten siedlungsstrukturellen Kreis- und Regionstypen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (kreisfreie Großstädte, städtische Kreise, ländliche Kreise mit Verdichtungsansätzen und dünn besiedelte ländliche Kreise) etwas modifiziert und um eine Zuordnung zu den vier Kategorien „Großstadt“, „Im unmittelbaren Umfeld einer Großstadt“, „Kleinstadt“ und „Dorf/ländliche Region“ gebeten, da diese Kategorien verständlicher sein dürften und somit die entsprechende Frage leichter zu beantworten ist.

[8] Dabei wird eine bedenkliche Wortstruktur des Begriffs „Flüchtling“ unterstellt, da etwa die Endung „‑ling“ sich auch in vorwiegend negativ konnotierten Wörtern (wie etwa „Fiesling“, „Schreiberling“) wiederfinde – was sich mit Beispielen wie „Liebling“ oder „Schmetterling“ relativ leicht widerlegen lässt. Andererseits wird der verniedlichende Charakter dieser Endung kritisiert. Zudem falle es schwer, den „Flüchtling“ zu gendern (vgl. Kothen 2016).

[9] Wie etwa im „Fachplan Asyl und Integration 2022“ der Stadt Dresden (vgl. Landeshauptstadt Dresden 2019).

[10] Vgl. darin zur Begriffsverwendung in der Praxis das ausführliche Kapitel „4.4 Begriffs(un)klarheiten – Flüchtlingssozialarbeit, Soziale Betreuung oder Beratung“, S. 27 ff.

[11] Dass sich die 37% mit Hochschulabschluss und die beiden Kategorien Fachschulabschluss (10%) und „abgeschlossene Lehre“ (8%) nicht einfach zu 55% aufsummieren, hängt damit zusammen, dass einige Befragte sowohl (zunächst) eine außerhochschulische Ausbildung in einem Sozialen Beruf, anschließend aber auch noch ein Studium absolvierten.

[12] Mit dem Thema der Aufgaben in der FSA befasst sich eingehender ein Beitrag von Marianne Sand „Handlungspraxis konkret in der Flüchtlingssozialarbeit“ in Gemende et al. (2022). S. 80 – 97.

[13] Sächsisches Flüchtlingsaufnahmegesetz – SächsFlüAG [https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/9524-Saechsisches-Fluechtlingsaufnahmegesetz#ef; 15.2.2022]

[14] Vgl. dazu den Beitrag von Margit Lehr und Marion Gemende „Warum FSA in freier Trägerschaft agieren sollte und Öffentliche Träger dennoch Verantwortung tragen“ in Gemende et al. (2022), S. 71 – 79.

[15] Ein ausführlicher Beitrag zur Debatte um Standards (Marianne Sand/Marion Gemende/Margit Lehr: Die zwiespältige Debatte um fachliche Standards in der FSA) findet sich in: Gemende et al. (2022). S. 98 – 114

[16] Vgl. ausführlicher zum Thema Standards in der Flüchtlingssozialarbeit: Gemende et al. 2017: S. 82ff; Gemende et al. 2018

[17] Wir berücksichtigen hier nur Abweichungen von mindestens fünf Prozent.

[18] Bei den privaten Trägern sind nur 11% der Befragten befristet angestellt, dieser Wert basiert allerdings nur auf neun Befragten, die bei Privaten angestellt sind, ist also nur sehr bedingt aussagefähig.

[19] Dabei rechnen wir alle Arbeitsumfänge ab 39 Stunden zur Vollzeit.

[20] Dabei nehmen wir eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden für eine Vollzeitstelle an.

[21] https://web.arbeitsagentur.de/entgeltatlas/tabelle?dkz=58775&geschlecht=1&alter=1&branche=1 [15.2.2022]

[22] Unter den Annahmen: gesetzlich versichert und keine Kirchensteuerpflicht.

[23] Er drückt die Relation aus, für wie viele Klient*innen eine Fachkraft zuständig ist.

[24] Dies bezieht sich auf die Stadt Dresden, die 2019 im Zuge einer Neudefinition der „Flüchtlingssozialarbeit“ als „Migrationssozialarbeit“ eine Abkehr vom Prinzip der Personalschlüssel und die Einführung des Prinzips der Fachleistungsstunden in der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen beschlossen hat.

[25] Vgl. Sand 2022: 91f

[26] Berücksichtigt werden nur diejenigen Befragten, die dazu auch eine Einschätzung abgegeben haben. Daneben gab es nämlich noch die hier nicht abgebildete Kategorie „Trifft nicht zu“ für diejenigen Befragten, die mit einem Akteur keine Erfahrungen haben.