Empfehlungen zum Umgang mit Behörden

von André Kostov, Projektkoordinator Programmbegleitung Arbeitsmarktmentoren, Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.
und Julia Mahmoudi, Resque Continued, Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.


Empfehlungen der fachlich-inhaltlichen Programmbegleitung der Arbeitsmarktmentoren Sachsen zur allgemeinen Herangehensweise (fachlich und juristisch) in der Arbeit mit Behörden

  • Anträge immer schriftlich einreichen (aktenkundig) -> Eingangsstempel, Eingangsbestätigung verlangen, Einsendung via Einschreiben oder ggf. Faxbestätigung aufheben
  • Bei Terminen vor Ort:
    • nicht sofort unterschreiben
    • Kopie einfordern
    • Rechtsgrundlage erfragen
    • Falls Kopie verwehrt wird, nach Rechtsgrundlage fragen
    • wenn Unterschrift erfolgt, Kopie einfordern
  • Bescheide genau lesen
  • Bescheide auf Formalia überprüfen
  • Was sind die Formalia:
    • Datum
    • Unterschrift
    • Name des Verfassers
    • ausstellende Behörde
    • Anschrift der Behörde
    • angegebene Personalien
    • Rechtsbehelf incl. Recht auf digitalem Widerspruch
  • Argumentation und angegebene Gesetze im Bescheid überprüfen
  • Rahmen der Bescheidung nachvollziehen (politische und persönliche Argumente filtern)
  • Zeitrahmen für weiteres gemeinsames Vorgehen (Widerspruch, Anhörung, Stellungnahme) überlegen:
    • Rechtsbehelf studieren, Fristen beachten
    • ggf. z.B. Akteneinsicht oder Untätigkeitsklage in Betracht ziehen §75 VwGO:

„Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist.“

  • Austausch mit Klient:in über Vorgehensweise, Bevollmächtigung und Arbeit im Auftrag (Vertretung) vs. Mandantschaft (dies ist nur als Anwalt möglich)
  • Querverweis auf juristischen Beistand

Dienst- und oder Fachaufsichtsbeschwerden

  • Was ist wann oder wie passiert, was ist wie ge- oder beschreiben worden?
  • Wer war anwesend, gibt es Zeugen oder Beweise?
  • Genaue Beschreibung des Sachverhalts? (-> Gedächtnisprotokoll)

Empfehlungen

  • grundsätzlich Verzicht auf politische Ansichten bzw. Vorgehen im Einzelfall -> schadet in der Regel dem Finden von einvernehmlichen Lösungsansätzen oder Kompromissen
  • Arbeitsebene ist die falsche Ebene für Austausch politischer oder persönlicher Argumente
  • gesetzlicher Rahmen ist das, was beide Seiten einzig zu interessieren hat -> daher auch der einzige Rahmen für die Handlung im Einzelfall
  • Bei Feststellung einer Vielzahl von (ähnlichen) Verstößen oder im gravierenden Einzelfall besser den Weg von Dienst- und Fachaussichtsbeschwerden wählen

Diskussionsinhalte

  • juristisches Fachwissen und dessen Anwendung bei Flüchtlingssozialarbeiter:innen als komplexes Thema erachtet -> Schwierigkeit, Bescheide genau zu verstehen
  • Instrument der Verweisberatung hilfreich zu Fachstellen oder Anwält:innen -> Kenntnis über entsprechende Ansprechpartner:innen
  • Ehrliche Selbstreflexion zu juristischem Fachwissen -> Bedeutung Querverweisberatung
  • Diskussionsteilnehmer:innen empfinden Dienst- und Fachaufsichtsbeschwerden als zu komplex und zeitaufwändig -> Bedeutung der Querverweisberatung, anwaltliche Vertretung
  • Bescheidprüfung aus juristischer Sicht oft nicht relevant
  • Lange Bearbeitungszeiten von Widersprüchen

André Kostov, Julia Mahmoudi

Dieser Artikel gehört zum Arbeitstisch 6 des Fachtages “Vom Ankommen und Bleiben – Soziale Arbeit mit geflüchteten Menschen zwischen Innovation und Verstetigung” (2021):

Spannungsreich und wenig entgegenkommend – Erfahrungen geflüchteter Menschen mit Behörden in Sachsen

Diesen Artikel finden Sie in der Dokumentation des Fachtages:

“Vom Ankommen und Bleiben – Soziale Arbeit mit geflüchteten Menschen zwischen Innovation und Verstetigung” (2021)

Für eine kostenlose Druckversion schreiben Sie an info@lafast-sachsen.net

Online-Fachtag “Vom Ankommen und Bleiben – Soziale Arbeit mit geflüchteten Menschen zwischen Innovation und Verstetigung”
André Kostov, Projektkoordinator Programmbegleitung Arbeitsmarktmentoren, Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.
Julia Mahmoudi, Resque Continued, Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.

Screenshots: LaFaSt


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