Einblick in die Flüchtlingsarbeit von Limbach-Oberfrohna

von Uta Thiel, FSA in der Integrationsberatungsstelle Limbach-Oberfrohna


Struktur

Limbach-Oberfrohna ist eine große Kreisstadt im Landkreis Zwickau. Insgesamt leben 24.000 Einwohner in Limbach-Oberfrohna, der Anteil ausländischer Bürgerinnen und Bürger liegt gemessen an der Einwohnerzahl bei 3,5%. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser in den kommenden Jahren noch prozentual vergrößert.

Die Integrationsarbeit in Limbach-Oberfrohna hat sich seit 2015 entwickelt und ist entsprechend auch mit Zahl der zugezogenen Menschen mit Migrationshintergrund gewachsen. Mittlerweile leben ca. 840 Ausländer in Limbach-Oberfrohna, darunter zählen zahlreiche EU-Bürger sowie Angehörige aus Drittstaaten, aber auch 148 Geflüchtete, die mit Aufenthaltsstatus bereits in eigenen Wohnungen im Stadtgebiet wohnen.

In den Wohnprojekten und der Gemeinschaftsunterkunft der Pandechaion-Herberge e.V. sind derzeit ca. 275 Asylbewerber  untergebracht, die auf ihren Aufenthaltstitel und die Übersiedelung in die Stadt oder den Landkreis warten. Immer wieder kommen Neuankömmlinge ins Stadtgebiet, womit der Stadt stets eine große Verantwortung  aufgetragen wird, Menschen bei der Integration in die Gemeinschaft zu unterstützen und zu begleiten.

Parallel zu den ankommenden Flüchtlingen hat sich in den letzten Jahren ein stabiles Helfernetzwerk in Limbach-Oberfrohna etabliert. Darin vereinen sich die demokratischen, friedliebenden Kräfte und versuchen, eine offene Willkommenskultur zu leben und eine bestmögliche Integration der Flüchtlinge in das Gemeinwesen von Limbach-Oberfrohna zu erreichen.

Durch Eingemeindungen der umliegenden Dörfer hat Limbach-Oberfrohna die Einwohnerzahl einer Mittelstadt, hat aber als „große Kreisstadt“ den Charakter einer kleineren Stadt, was viele Vorteile aber auch Nachteile in der Flüchtlingsarbeit mit sich bringt. Von Vorteil sind überschaubare Strukturen, der Bekanntheitsgrad der Sozialarbeiter in der Stadt, die Nähe zu Klientinnen und Klienten und ebenso auch die gute Erreichbarkeit der nächsten großen kreisfreien Stadt Chemnitz. Nachteilig sind lange Wege nach Zwickau zu Behörden mit öffentlichen Verkehrsmitteln, keine Deutschkurs-, Maßnahmen- sowie Weiterbildungsangebote in der Stadt, wenig neue Arbeitsstellen, wodurch es ohne Führerschein und PKW schwer wird im Umland Arbeit zu finden.


Angebote der Flüchtlingsarbeit in Limbach-Oberfrohna

Dreh- und Angelpunkt des Integrationsgeschehens ist die Integrationsberatungsstelle, die in einer Kooperation mit dem Kommunalen Integrationskoordinator des Landkreises Zwickau und der Mitarbeiterin im Bereich Integration der Stadtverwaltung Limbach-Oberfrohna arbeitet. Die Integrationsberatungsstelle(IBS) unterbreitet folgende Angebote:

1. Beratung, Alltagshilfe, Sozialbetreuung, Krisenintervention

Die IBS ist Anlaufstelle vor allem für Migranten und Flüchtlinge mit gesichertem Bleibestatus, die hier in Limbach-Oberfrohna ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben. Mit unterschiedlichen Anliegen besuchen Klientinnen und Klienten die Beratungsstelle und erhalten Unterstützung beim Management des häuslichen Schriftverkehrs, bei Stellen von Anträgen (Jobcenter, Jugendamt, Sozialamt, Ausländerbehörde, Krankenkasse etc.) beim Bewältigen von Behördengängen, bei der Suche von neuem Wohnraum incl. der Bewältigung aller Formalien, die damit in Zusammenhang stehen oder Hilfe zur Selbsthilfe für die Lösung von Alltagsproblemen.

Bei ernsteren Problemlagen werden Einzelfallberatung, Betreuung, Krisenintervention und Mediation in Kooperation mit den jeweiligen Netzwerkpartnern, wie z.B. Wohnungsbaugesellschaften und anderen Vermietern, Wohnungslosenhilfe, Sucht- und Schuldenberatung, Rechtsanwälten, Ausländerbehörde, Bedarfsträger, Inkassobüros, Jugendamt etc. angeboten.

2. Projekte & Freizeitgestaltung: Frauentreff und Männertreff

Jeden Dienstag treffen sich Frauen aus verschiedenen Ländern zum Frauentreff im Kirchgemeindehaus. Hier geht es vor allem um Gespräche und Beratung, den Aufbau von Selbsthilfestrukturen aber auch um Vermittlung von Wissen, Normen und Werten unserer Gesellschaft und Kultur. Unter Leitung der Integrations- und Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Limbach-Oberfrohna und ihrem Team treffen sich die Frauen jede Woche. Unterstützt wird das Treffen durch den Kommunalen Integrationskoordinator sowie durch ehrenamtlich Helfende.

Der Männertreff wird von der Kirchgemeinde geleitet und findet donnerstags nachmittags ebenso in den Räumlichkeiten des Kirchgemeindehauses statt. Neben Alltagshilfe und der Bearbeitung männerspezifischer Themen steht auch die Beantwortung vieler Fragen rund um die verschiedenen Religionen und Kulturen im Vordergrund.

3. Begleitung und Organisation ehrenamtlicher Helfer, Sprachmittler & Paten

Unterstützt wird die Arbeit in Limbach-Oberfrohna vor allem durch den ehrenamtlichen Helferkreis. Gemeinsam mit der Kirchgemeinde begleiten engagierte Bürger und Bürgerinnen bereits langjährig Flüchtlingsfamilien als Paten, lehren die deutsche Sprache, helfen bei Wohnungssuche und –einrichtung sowie in allen anderen Lebenslagen.

Aus dem großen Helferkreis  haben sich kleinere Helferteams gebildet, u.a. in den Bereichen Nachhilfe, Patenschaften, Sprachen, allgemeine Hilfsangebote etc. Wir sind für die Hilfsangebote sehr dankbar!

4. Netzwerkpflege, Ansprechpartner für Ämter und Beratungsstellen

Wichtiger Bestandteil der Flüchtlingsarbeit ist die Netzwerkpflege und Zusammenarbeit mit zahlreichen Einrichtungen, Vereinen und Behörden sowohl in der Stadt als auch im Landkreis Zwickau. Es erfolgt oft eine gemeinsame Bearbeitung von Problemfällen über Ämtergrenzen hinweg. Die Integrationsberatungsstelle ist ebenso Ansprechpartner für alle hautamtlichen Akteure, die mit Migrantinnen und Migranten arbeiten, z.B. Personal von Schulen und Kitas, Arztpraxen u.a.

Für Institutionen und Träger organisiert die IBS auf Anfrage auch eine mündliche Sprachmittlung bzw. auch schriftliche Übersetzungen über den Sprach- und Kulturmittlerdienst Zwickau.


Limbach-Oberfrohnas Integrationsmodell

Limbach-Oberfrohna möchte eine nachhaltige Integration für die neu hinzukommenden Geflüchteten aber auch für die bereits schon einige Jahre im Stadtgebiet wohnenden Migrantinnen und Migranten erreichen.

Eine breit gefächerte Sozialberatung, die Netzwerkarbeit, die Förderung der sprachlichen Entwicklung, die Unterstützung der Menschen in Alltagsfragen, das Ermöglichen von Freizeit- und Bildungsangeboten sowie die Arbeit der ehrenamtlichen Helfer sind bereits gute Ansätze und Vorgehensweisen, die es in den nächsten Jahren weiter zu bündeln und nachhaltig zu etablieren gilt.

Durch die stete Weiterentwicklung einer fundierten Sozialberatung, die gemeinsam mit der Arbeit des Kommunalen Integrationskoordinators das Herz der Integrationsberatungsstelle bildet und mittels Hilfe zur Selbsthilfe wird ein Großteil der in der Stadt lebenden ausländischen Bürgerinnen und Bürgern befähigt, ihre aktuelle Situation zu analysieren, zu reflektieren und auch die entsprechenden Hilfsangebote für sich nutzbar zu machen. Ziel ist eine weitgehend autonome Bearbeitung der familiären, beruflichen und behördlichen Vorgänge und damit die Abnahme der Hilfebedürftigkeit und damit das Ersteigen der Stufen des Integrationsmodells (vgl. Abbildung 1).

Abb. 1: Stufenmodell der Integration
Schema: Uta Thiel, FSA in der Integrationsberatungsstelle Limbach-Oberfrohna

Die Klärung von Problemlagen, die Abwendung von Härtefällen unter den Migranten und Migrantinnen in der Stadt kann durch die Ausbildung von Multiplikatoren innerhalb der Zielgruppe zusätzlich gestärkt werden. Als Multiplikatoren können dabei diejenigen ausgebildet werden, die bereits längere Zeit in der Stadt leben und ihre Lebens- und Arbeitssituationen mit den auftretenden Alltagsproblemen bereits selbständig lösen können und ins gesellschaftliche Leben der Stadt integriert sind. Sie leisten als Unterstützer, als Begleiter, als Pate, als Sprachmittler für die Menschen, die neu in Limbach-Oberfrohna Fuß fassen, wertvolle Hilfe auf den unteren Stufen des abgebildeten Integrationsmodells.


Notwendigkeiten für das Gelingen der Flüchtlingssozialarbeit

Für das Gelingen einer guten Integration in Limbach-Oberfrohna wird Flüchtlingssozialarbeit benötigt. Diese hat Erfolg durch:

  • frühzeitige Abstimmung  und Kooperation zwischen der IBS und den Sozialbetreuern der Wohnprojekte/ Asylunterkünfte
  • proaktives und vorausschauendes Handeln und
  • die Zusammenarbeit und Koordination des Helferkreises und der Netzwerkpartner

Essentiell ist für die Arbeit mit den Geflüchteten allerdings eine stabile Förderlandschaft. Die Streichung von Fördergeldern für Beratungsleistungen, die die Zielgruppe aber dringend benötigt, stellt ein Hemmnis dar und sollte im kommenden Integrations- und Teilhabegesetz unbedingt Berücksichtigung finden.


Uta Thiel

Dieser Artikel gehört zum Arbeitstisch 4 des Fachtages “Vom Ankommen und Bleiben – Soziale Arbeit mit geflüchteten Menschen zwischen Innovation und Verstetigung” (2021):

FSA in Stadt und Land – Regionale Modelle der Flüchtlings- und Migrationssozialarbeit

Diesen Artikel finden Sie in der Dokumentation des Fachtages:

“Vom Ankommen und Bleiben – Soziale Arbeit mit geflüchteten Menschen zwischen Innovation und Verstetigung” (2021)

Für eine kostenlose Druckversion schreiben Sie an info@lafast-sachsen.net

Online-Fachtag “Vom Ankommen und Bleiben – Soziale Arbeit mit geflüchteten Menschen zwischen Innovation und Verstetigung”
Uta Thiel, FSA in der Integrationsberatungsstelle Limbach-Oberfrohna

Screenshots: LaFaSt


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