Ein Überblick zur FSA in anderen Bundesländern

von Dorit Starke, Wissenschaftliche Begleitung FSA, ehs Dresden


1. Einleitung

Die Gestaltung der FSA/MSA in Deutschland ist je nach Bundesland verschieden. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Regelstrukturen, welche durch den Bund umgesetzt werden, wie der Jugendmigrationsdienst (JMD) oder die Migrationsberatung für Erwachsenen (MBE) und der von den Bundesländern umgesetzten Sozialarbeit für Menschen, die Asyl beantragen.

In Sachsen hat sich FSA in den letzten Jahren etabliert. Das betrifft die professionellen Standards, die die Fachkräfte der jeweiligen Träger auf der Grundlage der Richtlinie „Soziale Betreuung“ [1] und der Kommunalpauschalenverordnung (KommpauschVO)[2] entwickelt haben, oder aktuell durch den Beteiligungsprozess zum sächsischen Integrations- und Teilhabegesetz (SITG)[3]. Ebenso werden verschiedene Modelle der Trägerschaften und Kooperationen in den Landkreisen und kreisfreien Städten umgesetzt.


2. Umsetzung FSA in anderen Bundesländern

2.1. Der Begriff der Flüchtlingssozialarbeiter*in

Es gibt keine einheitliche Bezeichnung für die Arbeit mit geflüchteten und asylsuchenden Menschen in der Bundesrepublik. So wird in Brandenburg von Migrationssozialarbeit gesprochen. Aber auch Begriffe wie Flüchtlingssozialdienste in Baden-Württemberg, Flüchtlings- und Integrationsberatung in Bayern und Bremen, Migrationsberatung in Niedersachsen oder Migrations- und Integrationsfachdienste im Saarland werden für die Bezeichnung der Sozialarbeitenden verwendet.

In den alten Bundesländern konnte sich das Berufsbild bereits seit Ende der 1990er /Anfang der 2000er Jahre verstetigen. In den neuen Bundesländern schärfte sich das Berufsbild oft erst seit 2015. Ich vermute das liegt an den unterschiedlichen Erfahrungen und den verschiedenen Umgängen der beiden ehemaligen deutschen Staaten mit dem Thema Migration. So konnte in den alten Bundesländern auf die Erfahrungen migrantischer Selbstorganisationen (MSO) zurückgegriffen werden. In den neuen Bundesländern entstanden solche MSO`s erst zögerlich nach der Wiedervereinigung.

2.2. Rechtliche Verankerung FSA

In den meisten Bundesländern wurde in den letzten Jahren rechtliche, förderrechtliche aber auch bei fachlichen Rahmenbedingungen nachjustiert.

Es gibt Bundesländer, in welchen die Arbeit mit geflüchteten Menschen gesetzlich festgeschrieben ist, wir bspw. in Brandenburg, Sachsen-Anhalt oder Thüringen in den jeweiligen Landesaufnahmegesetzen und den dazugehörigen Verordnungen. Dem gegenüber ist in einem Großteil der deutschen Länder diese Arbeit nicht gesetzlich verankert. In Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz erfolgt eine Erwähnung im Landesintegrationskonzept[4], wonach sich Rahmenbedingungen ableiten lassen. In Nordrhein-Westfalen ist die finanzielle Förderung ist eine freiwillige Leistung des Landes auf Grundlage der „Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur sozialen Beratung von Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen“[5]. Dort erfolgt die Zuwendung über eine Projektförderung in Form eines Zuschusses als Festbetragsfinanzierung. Im Saarland findet sich eine Reglung über die Förderrichtlinie: „Förderung der Integration und der Betreuung von Asylbewerbern und Bewohnern der Landesaufnahmestelle“[6].

Neben der FSA stellen einige Bundesländer Mittel für die Unterstützung der Gruppe der anerkannten Geflüchteten neben den bundesfinanzierten Strukturen bereit. Brandenburg etwa mit dem Programm der MSA II[7] oder Mecklenburg-Vorpommern durch die Migrationssozialberatung. In Nordrhein-Westfalen nennt sich solch ein Programm „Regionale Beratung für Geflüchtete“[8].


3. Fachliche Standards

3.1. Subsidiaritätsprinzip

Ein wichtiges Thema der letzten Jahre war und ist noch heute die Umsetzung fachlicher Standards. Das Subsidiaritätsprinzip ist im Bundesland Brandenburg[9] festgeschrieben. Ungeachtet dessen setzen viele Bundesländer dieses Prinzip um. So ist die FSA in Thüringen und Schleswig-Holstein ausschließlich in der Hand freier Träger. In Rheinland-Pfalz werden die Aufträge an die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege und an kleine gemeinnützige Strukturen in Kommunen vergeben. Baden-Württemberg hingegen vergibt FSA auch an behördliche Träger.

3.2. Personalschlüssel

Ähnliches lässt sich zum Personalschlüssel sagen. Hier gibt es keine bundesweite einheitliche Regelung. In einigen Bundesländern ist ein Personalschlüssel gesetzlich verankert. So ist im Bundesland Brandenburg ein Schlüssel von 1:80 in der Landesaufnahmegesetz-Erstattungsverordnung festgelegt[10]. Andere Bundesländer übertragen diese Verantwortung an die Träger. Der Personalschlüssel bewegt sich zwischen 1:80 bis 1:200 und höher. In Mecklenburg-Vorpommern besteht folgende Reglung für Gemeinschaftsunterkünfte: für sieben Plätze wird von einem Betreuungsaufwand von einer Stunde pro Tag ausgegangen, d.h. 40 Std pro Woche für 280 Bewohner*innen. Somit ergibt sich ein Personalschlüssel von 1:280[11].

3.3. Qualifizierung Fachkräfte

An dieser Stelle soll der Aspekt der Qualifizierung der Sozialarbeitenden angeschnitten werden. In den meisten Bundesländen ist ein Abschluss eines sozialen Studiums Voraussetzung. In Ausnahmefällen können auch andere berufliche Abschlüsse oder Erfahrungen anerkannt werden, bspw. in Sachsen-Anhalt (eine mindestens fünfjährige Tätigkeit in der FSA), Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz. Nachqualifizierung für Quereinsteiger*innen sind in Baden-Württemberg und Brandenburg vorgeschrieben.

Ein negatives Beispiel stellt Hessen da. Dieses Bundesland hat keine gesetzliche Reglung zu den Anforderungen an die Praktiker*innen. Seit dem Jahr 2015 arbeiteten viele Quereinsteiger*innen in dem Tätigkeitsfeld der FSA, was in anderen Bundesländern zu dieser Zeit ähnlich bewältigt wurde anhand der großen Zuwanderungszahlen. Heute wird auch in Hessen verstärkt auf Abschlüsse aus dem sozialen Bereich geschaut. Da in diesem Bundesland die FSA in der Verantwortung der Kommunen liegt, formulieren die Kommunen in ihren Ausschreibungen die beruflichen Anforderungen.

3.4. Netzwerke und Kooperationen

In allen Bundesländern bestehen diverse Netzwerke oder auch Fachberatungsdienste für den Austausch zwischen den Fachkräften. In vielen Bundesländern bietet die Liga der freien Wohlfahrtsverbände die Plattform für den Austausch. Die Netzwerkarbeit ist in den deutschen Bundesländern sehr divers aufgestellt.

Im Bundesland Nordrhein-Westfalen steht für den Austausch zwischen den Fachkräften eine „Landeskoordinierungsstelle Kommunaler Integrationszentren“ (LaKI)[12] zu Seite. Neben der Koordinierung verschiedener Angebote für die Zielgruppe bietet diese Kooperationsstelle Informationsveranstaltungen für Fachkräfte zu Integrationsthemen an.

Abschließend soll erwähnt werden, dass die Flüchtlingsräte der Bundesländer Partnerinnen für die Fachkräfte im Bereich Flucht und Migration sind. Die Flüchtlingsräte sind je Bundesland anders organisiert, heißt sie sind nicht immer in der FSA tätig. Doch bringen sie jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Flucht mit. Oft werden sie von ProAsyl finanziell unterstützt, was ihre Arbeit verstetigt. Sie werden häufig als politische Unterstützung wahrgenommen.


4. Fazit

Der Blick in andere Bundesländer kann also nicht nur neue Handlungsansätze für lokale Integrationspolitik und -arbeit aufzeigen, sondern auch Beispiele für mögliche Förderstrukturen auf Landesebene vorstellen. Ebenso können Impulse für rechtliche und konzeptionelle Grundlagen von FSA gegeben werden, welche auf die FSA in Sachsen übertragbar sein könnten.


Dorit Starke

Dieser Artikel gehört zum Arbeitstisch 5 des Fachtages “Vom Ankommen und Bleiben – Soziale Arbeit mit geflüchteten Menschen zwischen Innovation und Verstetigung” (2021):

Über den Tellerrand geschaut – Flüchtlingssozialarbeit in anderen Bundesländern

Diesen Artikel finden Sie in der Dokumentation des Fachtages:

“Vom Ankommen und Bleiben – Soziale Arbeit mit geflüchteten Menschen zwischen Innovation und Verstetigung” (2021)

Für eine kostenlose Druckversion schreiben Sie an info@lafast-sachsen.net


[1] Siehe Dazu: www.revosax.sachsen.de/vorschrift/17735-RL-Soziale-Betreuung-Fluechtlinge#romIII (Abgerufen: 20.01.2022)

[2] Siehe Dazu: www.revosax.sachsen.de/vorschrift/17988-Saechsische-Kommunalpauschalenverordnung (Abgerufen: 20.01.2022)

[3] Siehe dazu: www.zik.sachsen.de/integrationsgesetz.html (Abgerufen: 20.01.2022)

[4] Siehe zum Landesintegrationskonzept Mecklenburg-Vorpommern: www.regierung-mv.de/Landesregierung/sm/Soziales/Integration/?id=19415&processor=veroeff (Abgerufen: 20.02.2022) und Rheinland-Pfalz: www.mffki.rlp.de/de/themen/integration/integrationspolitik-in-rheinland-pfalz/landesintegrationskonzept/ (Abgerufen: 20.02.2022)

[5] Siehe dazu: www.recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=7&vd_id=18802 (Abgerufen: 20.01.2022)

[6] Siehe dazu: www.saarland.de/SharedDocs/Downloads/DE/mibs/b%C3%BCrger_und_staat/f%C3%B6rderrili_asylbew.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (Abgerufen: 20.02.2022)

[7] Siehe dazu: www.buendnis-fuer-brandenburg.de/2021/09/15/migrationssozialarbeit-kann-fortgefuehrt-werden/ (Abgerufen: 20.01.2022)

[8] Siehe dazu: www.bra.nrw.de/system/files/media/document/file/2_2_2-kurzkonzept-regionale-beratung.pdf (Abgerufen: 20.01.2022)

[9] Siehe dazu: www.bravors.brandenburg.de/br2/sixcms/media.php/68/LaufnGDV-Anlage-4.pdf (Abgerufen: 20.01.2022)

[10] Ebd.

[11] Siehe dazu: www.fluechtlingsrat-mv.de/wp-content/uploads/2017/07/Richtlinie-f%c3%bcr-den-Betrieb-von-Gemeinschaftsunterk%c3%bcnften-und-die-soziale-Betreuung-der-Bewohner-MV.pdf (Abgerufen: 20.01.2022)

[12] Siehe dazu: www.familie-in-nrw.de/steckbrief-kommunale-integrationszentren.html#2529cd0f27c51cdf66e3b96e607446c6 (Abgerufen: 20.01.2022)

Online-Fachtag “Vom Ankommen und Bleiben – Soziale Arbeit mit geflüchteten Menschen zwischen Innovation und Verstetigung”
Dorit Starke, Wissenschaftliche Begleitung FSA, ehs Dresden

Screenshots: LaFaSt


Andere Onlineartikel von Fachtagen lesen