Wie schütze ich mich selbst? Entstehung, Auswirkungen und Umgang mit Stress

von Irene Bader, Psychologische Beraterin und Kunsttherapeutin, Malbegleiterin für Ausdrucksmalen und Fortbildnerin


Berufsbedingte psychische Erkrankungen haben in den letzten Jahren eklatant zugenommen. Schon 2012 ergab eine Studie der Bundes-Psychotherapeuten-Kammer (BptK)[1] einen Anstieg der Burnout-Fälle um 700%! Eine aktuelle Analyse der DAK-Gesundheit[2] besagt: Noch nie gab es so viele Ausfalltage im Job wegen psychischer Erkrankungen: Mit rund 260 Fehltagen je 100 Versicherte waren Seelenleiden 2019 auf dem Höchststand – allein zum Vorjahr gab es einen Anstieg um zehn Prozent.

Beschäftigte in Bereichen mit einem hohen Anteil personenbezogener Dienstleistungsarbeit haben zudem ein höheres Risiko psychisch zu erkranken als Beschäftigte anderer Berufsgruppen. Für Mitarbeiter*innen im Sozialwesen sind durch Stress verursachte psychische Erkrankungen somit beinah schon ein Berufsrisiko. Denn Fachkräfte in sozialen Berufen und in der Flüchtlingsarbeit sind in der Regel besonders engagierte und empathische Menschen. Häufig behandeln sie ihre Klienten besser als sich selbst. Das macht sie anfällig vom „positiven“ Stress über Erschöpfung, Überforderung und Burnout in eine posttraumatische Belastungsstörung zu geraten.

Damit es gar nicht erst soweit kommt, ist ein achtsames Stressmanagement für Menschen in sozialen Berufen unabdingbar, um die fordernden Aufgaben zu bewältigen und dabei körperlich und seelisch gesund und optimistisch zu bleiben.

Der „Arbeitstisch – Psychohygiene für die Flüchtlingssozialarbeit“ hat das wichtige Thema der Selbstfürsorge aufgegriffen. Anhand des Stressmodells von Prof. Gert Kaluza[3] wurden die verschiedenen Ebenen des Stressgeschehens und die entsprechend der Ebenen erforderlichen Stresskompetenzen dargestellt und erläutert.


1. Achtsamkeit entwickeln für Faktoren, die einen persönlich besonders unter Stress setzen.

Quelle: Kaluza, G. (2011). Stressbewältigung. Berlin: Springer Verlag.

Fragen Sie sich regelmäßig:

„Wie geht es mir aktuell mit meinem beruflichen Engagement?
„Habe ich Spaß in meiner hauptamtlichen/ehrenamtlichen Arbeit?“
„Fällt es mir schwer, Grenzen zu setzen?“
„Kann ich derzeit entspannen?“
„Fühle ich mich oft überfordert oder bin ich oft frustriert?“

Erstellen Sie eine Liste mit Ihren persönlichen Warnzeichen oder füllen Sie die Checkliste aus:

Quelle: Kaluza, G. (2011).
Stressbewältigung. Berlin: Springer Verlag.

2. Gut für sich selber sorgen.

Quelle: Jung, R. (2011). Was ist mit den Helfern? Umgang mit Sekundärer Traumatisierung, Trauma Netzwerk Niedersachsen, Fachtagung in Königslutter. Verfügbar unter https://www.ostfalia.de/export/sites/default/de/pws/jungra/downloads/Vortraege/OEG-Tagung_30.06.2011.pdf
Quelle: Kaluza, G. (2011). Stressbewältigung. Berlin: Springer Verlag.

Eigene Grenzen kennen und akzeptieren sowie innere Distanz bewahren, ist eine besondere Herausforderung. Hilfreiche Fragen können sein:

„Was kann ich tun, was kann ich nicht tun?“ (Ziel: Kommunizieren der eigenen Rolle)
„Was mache ich wann, mit wem, bis wann?“ (Ziel: Kommunizieren der Zeitstruktur)

Bei belastenden Situationen, beantworten Sie sich diese Fragen:

„Wie werde ich später, in einem Monat oder in einem Jahr darüber denken?“
„Was denkt jemand, den die Situation weniger belastet als mich?“
„Was würde ich einem/r Freund/in zur Unterstützung sagen, der/ die sich in einer ähnlichen Situation befindet?“.
„Was tut mir gut und was gibt mir Kraft?“


3. Beispiele für Techniken zur Unterstützung der Selbstfürsorge

  • Sport, Bewegung, Gartenarbeit, in der Natur sein, Fahrradfahren
  • Kulturelle Aktivitäten, Konzert, Theater, Kino, Ausstellungen
  • Alltagsentspannung (lesen, fernsehen, heißes Bad, Körperpflege, Kosmetik, Freunde besuchen/einladen, schön essen gehen, Spiele, mit dem Hund spazieren gehen, der Katze schmusen, Kaffeeklatsch mit Freund*innen)
  • Gespräch mit Kolleg*innen, oder Partner*innen
  • Kreative Beschäftigung (Ausdrucksmalen)
  • Singen, Tanzen
  • Ausreichend Schlaf
  • Meditation, Achtsamkeitsübungen, Imaginationsübungen, Yoga, Qi Gong
  • Supervision
  • Entkatastrophisieren, positive Gedanken, was ist schon erreicht
  • Anerkennen was ist, was kann ich ändern, was nicht, ich muss nicht perfekt sein, ich bleibe authentisch
  • Absprachen, Grenzen und Planung

Was hilft mir noch? Eigene Ressourcen sammeln:

Nehmen Sie ein leeres Blatt Papier und sammeln Sie, was Ihnen hilft und was Ressourcen für Sie sind.


4. Weiterführende Literatur / Links:


5. Hilfreiche Kontaktadressen in Dresden und Umgebung

Psychosozialer Krisendienst Telefon: 0351 4885341
(bis zu fünf Beratungen, kostenfrei, auf Wunsch anonym)

Krisenwegweiser und Kontaktadressen
für Dresden und Umgebung.
10-seitige Broschüre mit allen Anlaufstellen,
zu finden unter

https://www.dresden.de/de/rathaus/notrufe-infotelefone.php

https://traumanetz-sachsen.de/


Irene Bader

Dieser Artikel gehört zum Arbeitstisch 3 des Fachtages Flüchtlingssozialarbeit auf dem Weg der Integration von Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund– Entwicklungen, Positionierungen, (Heraus)Forderungen (2020):

Psychohygiene für die Flüchtlingssozialarbeit

Diesen Artikel finden Sie in der Dokumentation des Fachtages:

Flüchtlingssozialarbeit auf dem Weg der Integration von Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund– Entwicklungen, Positionierungen, (Heraus)Forderungen” (2020)

Für eine kostenlose Druckversion schreiben Sie an info@lafast-sachsen.net


[1]. Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) (Hg.) (2012): BPtK-Studie zur Arbeitsunfähigkeit. Psychische Erkrankungen und Burnout.

[2]. Storm, Andreas (Hg.) (2020): Gesundheitsreport 2020. Stress in der modernen Arbeitswelt. Hamburg: DAK-Gesundheit.

[3]. Kaluza, Gert (2011). Stressbewältigung. Berlin: Springer Verlag.

Irene Bader, Psychologische Beraterin und Kunsttherapeutin, Malbegleiterin für Ausdrucksmalen und Fortbildnerin

Screenshots: LaFaSt


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